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Das Leben eines Waisenkindes nach Kriegsende

Das Leben eines Waisenkindes nach Kriegsende
Name: Kinjo Owan(20大湾近常)
Geboren am: 24. August 1939
Geburtsort: Dorf Yomitan
Damaliges Alter: 6 Jahre

■ Mit Hilfe der amerikanischen Truppen wurde ich zu einem Krankenhaus in Kin gebracht, in dem meine Mutter lag
Als ich herausfand, dass meine Mutter in einem Krankenhaus in Kin behandelt wurde, brachte man mich zu diesem Krankenhaus, in dem ich meine Mutter, meinen älteren Bruder Yoshio und meine kleine Schwester Toshiko wiedersah. Zwei oder drei Tage später starb mein Bruder Yoshio jedoch an Entkräftung.
Danach brachte man meine kleine Schwester, Mutter und mich vom Krankenhaus in Kin zu einem Flüchtlingslager in Ginoza. Wir lebten damals in einem Zelt im Feldlazarett Ginoza, wo meine Mutter schließlich an einer schweren Krankheit verstarb.

■ Tod meiner kleinen Schwester
Nachdem meine Mutter von uns gegangen war, kümmerte sich meine Tante im Flüchtlingslager um meine kleine Schwester und mich. Meine Tante allerdings stammte selbst aus einer großen Familie, und das Flüchtlingslager war hoffnungslos überfüllt; so ist es kein Wunder, dass sie uns nicht ihre ganze Aufmerksamkeit widmen konnte. Für mich persönlich zählt die Zeit in Ginoza zu den schlimmsten Erfahrungen, die ich jemals gemacht habe.
Der Grund dafür war meine vierjährige Schwester, die immer wieder nach unserer Mutter suchte, immer wieder das Zelt durchsuchte, in dem unsere Mutter verstorben war. Während der Regenzeit wurden wir beide völlig durchnässt, als meine kleine Schwester wieder einmal verzweifelt nach ihrer Mutter suchte. Kurze Zeit später starb die Kleine in einem leeren Zelt; an Lungenentzündung, glaube ich.
Damals war ich etwa sechs Jahre alt und fühlte mich schon fast erwachsen. Also wanderte ich umher, mal dahin, mal dorthin, ganz allein.
Bei einem meiner Streifzüge wurde ich aufgegriffen und zu einer Koban (einer Polizeiwache) in Kochiya gebracht. Von dort aus schickte man mich in ein Waisenhaus, als sich herausstellte, dass ich keine Verwandten mehr hatte.

■ Leben im Waisenhaus
Im Waisenhaus lebten nur Kinder, die Mutter und Vater verloren hatten. Mir kam es so vor, als wären den Amerikanern die Waisenhäuser sehr wichtig gewesen.
Im Waisenhaus gab es immer genug zu essen, die Kinder bildeten Grüppchen, spielten Spiele oder sangen Lieder miteinander. Es gab auch Pflegerinnen, die sich um die Kinder kümmerten; das Leben verlief dort wieder in einigermaßen geregelten Bahnen.
Obwohl mein Gedächtnis mittlerweile ziemlich lückenhaft ist, erinnere ich mich noch daran, dass ich Freunde fand, mit denen ich spielen und fast vergessen konnte, dass es einmal so etwas wie einen Krieg gegeben hatte.
Später besuchte mich ein Onkel mütterlicherseits, der immer sehr nett zu mir war, und holte mich aus dem Waisenhaus. Er nannte mich immer Kamadegwa (Kamadegwa ist mein Spitzname aus der Kindheit).

■ Tod meines älteren Bruders Sadao
Mein älterer Bruder Sadao lebte zusammen mit meiner Tante und ihrer Enkelin in Ishikawa. Ich wohnte bei ihnen; aber kaum einen Monat später erkrankte Sadao an Malaria und starb kurz darauf. Kurz danach starben auch meine restlichen Geschwister, ich blieb allein zurück.
Ich blieb bei meiner Tante und ihrer Enkelin in Ishikawa. Im April meldete mich meine Tante an der Miyamori-Grundschule an.

■ Die Grundschule
Ich erinnere mich noch daran, dass der Unterricht unter einem Baum bei einem Heiligengrab in Miyamori stattfand. Soweit ich mich erinnere, lernten wir damals nicht einmal Schreiben – allerdings konnte man den Unterricht damals nicht wirklich Unterricht nennen. Eigentlich trafen wir uns nur, sangen Lieder oder hörten uns die unterschiedlichsten Geschichten an, bis wir wieder nach Hause gingen.

■ Das Leben in Yomitan
Nach einer Weile durften wir wieder in unser Dorf in Yomitan zurückkehren. Wir zogen in ein Viertel in Sobe, ganz in der Nähe der Torii-Station. Dort mieteten wir ein kleines, Häuschen mit Strohdach, in dem wir mit einer anderen Familie zusammen wohnten.
Damals wurde endlich die erste Schule in Furugen eröffnet. Diese bestand aus zwei Komplexen – der Furugen-Grundschule und der Furugen-Realschule.
In diesen Tagen besorgten wir uns immer wieder unterschiedliche Dinge aus der amerikanischen Militärbasis in der Nähe. In den Nachkriegswirren kamen alle möglichen Leute nach Yomitan, es herrschte ein heilloses Durcheinander, die Lebensmittel wurden knapp.
Wir waren gezwungen, alle möglichen Dinge zu essen. Wir weichten Schnecken über Nacht in Wasser ein, warfen sie anschließend in den Kochtopf und verspeisten sie. Das waren die Zeiten, in denen wir es wirklich schwer hatten, überhaupt etwas zu essen zu finden. Das war zu Kriegszeiten so und ging auch nach Kriegsende noch eine ganze Weile so weiter. Wenn ich mich heute zurückerinnere, muss ich sagen, dass es auch nach dem Krieg alles andere als einfach war, überhaupt am Leben zu bleiben.