Meine Nachkriegszeit als Überlebender der Tsushima-Maru
Frau Keiko Taira
Geburtsjahr:1934
Geburtsort: Kunigami
Leben in Kunigami
Ich wurde 1934 im Dorf Aha in Kunigami geboren. Während meiner Kindheit vor dem Krieg, betrieb jeder bei uns im Dorf Landwirtschaft. Die Kinder halfen bei der Aussaat und bei der Ernte. Ich habe mich um die Kühe, Schweine und Hühner gekümmert und auf meine jüngeren Geschwister aufgepasst. Gefühlt, habe ich mehr im Haushalt geholfen, als zu lernen. Ich war das viertälteste Kind von uns sieben Geschwistern.
An Bord der Tsushima Maru
Da waren meine Großmutter, meine Schwester, die auf die Dritte Präfektur Mädchen-Oberschule ging, mein Bruder in der sechsten Klasse und ich in der vierten Klasse. Die Verlobte meines Bruders, der in Tokyo lebte ging mit uns. Auch Tokiko, meine Cousine und Klassenkameradin, gesellte sich gegen den Widerstand ihrer Eltern zu uns. „Wenn Keiko geht, dann will ich auch gehen!“, und sie durfte uns begleiten.
Unser Beweggrund für die Evakuierung war, dass wir unseren Vater und Bruder, wiedersehen wollten. Wir dachten auch daran Schnee zu sehen und mit dem Zug zu fahren, wenn wir auf dem Festland waren. Uns kam überhaupt nicht in den Sinn, dass eine solche Reise mitten im Krieg gefährlich seien könnte. So groß war unsere Bewunderung für das Festland. Unsere Mutter stand der der Evakuierung zuerst etwas zögerlich gegenüber, ließ sich aber von meinem Bruder, dem Sechstklässler, der sich besonders enthusiastisch freute, umstimmen. Meine Großmutter war ebenfalls zurückhaltend, aber die Dorfgemeinschaft wollte die Älteren und die Kinder evakuiert haben. So ging sie mit uns, obwohl sie eigentlich ihr Haus in Aha nicht verlassen wollte. Die Leute im Dorf überzeugten sie, dass sie so ihren Sohn der in Tokyo lebte, sehen könnte. Letztendlich kehrte sie von der Evakuierung nicht zurück.
Untergang der Tsushima Maru
Am Abend des 22. August, wir waren an Bord der Tsushima Maru, erhielten wir die Aufforderung uns an Deck zu begeben. Unsere Familie ging nach oben und wir setzten uns zu sechst zusammen hin. Tokiko und ich schliefen in den Armen unserer Großmutter ein. Als ich aufwachte, trieb ich allein im Meer. Ich konnte die Stimme meiner Schwester nicht hören, obwohl sie doch neben mir sein sollte. Auch meine Großmutter war nicht mehr da. Ich rief nach ihnen: „Schwester! Großmutter!“, aber ich erhielt keine Antwort. Die Wellen wurden immer größer und Feuer brannten auf der Tsushima Maru, die von einem U-Boot angegriffen worden war. Kinder schrien und ich sah Soldaten, die eins nach dem anderen ins Meer warfen, Ich trieb im Ozean und wusste nicht, was um mich herum geschah. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass ich vom Rest der Familie getrennt war. Später hörte ich, dass meine Schwester und die Verlobte meines Bruders von einem Boot gerettet wurden. Die Gezeitenströme nach Norden und Süden, hatten uns getrennt. Tokiko und ich wurden nach Süden getrieben und die anderen nach Norden und landeten in Kagoshima.
Nach einer Weile war ich wieder mit einer weinenden Tokiko vereint. Ich munterte sie auf, dass sie wenn sie weint nicht Ausschau halten kann. Wir hielten uns an vorbei treibenden Sojasoßenfäßern fest und trieben so auf dem Wasser. Plötzlich wurden wir von einer großen Welle getroffen. Tokiko verlor ihren Halt am Fass und blieb für immer verschwunden. Ich suchte nach ihr, konnte sie aber nicht wiederfinden. Ich bekam große Angst. Tokiko war weg und die Leute wurden von den Wellen verschlungen und ihre Leichen trieben an mir vorbei. Etwa 50 Meter von mir entfernt, sah ich Menschen im Wasser treiben und wusste so, dass noch jemand am leben war. Ich tauchte unter den Leichen und dem Treibgut hindurch und schaffte es auf das 50 Meter entfernte Floß zu klettern. Das Floß war nur so groß wie zwei Tatamimatten (3,3 Quadratmeter) und aus Bambus gefertigt. Dutzende Leute versuchten auf das Floß zu gelangen. Ein Mann griff mich an beiden Beinen und zog mich ins Meer. Er zerrte mich von dem Floß und versuchte selbst hinauf zu gelangen. Selbst als ich schon im Meer trieb, wurde ich ständig an den Beinen gezogen. Ich dachte, dass ich jetzt wohl bald erschöpft ertrinken werde, aber ich wollte mich um jeden Preis an dem Floß festklammern. Schließlich gelang es mir doch noch an Bord zu klettern.
Als der Tag anbrach, waren nur noch 10 Leute auf dem Floß. Keiner der Männer, die die Leute ins Meer gezerrt hatten war noch da. Ein zweijähriger Junge wurde von seiner Mutter im Arm gehalten, die anderen neun Personen waren alles Frauen.
Abtreiben zu einer unbewohnten Insel
Hier begann unsere Odyssee. Unsere Haut wurde von der heißen Augustsonne verbrannt und unsere Gesichter sahen sehr übel aus. Wenn ich heute daran zurückdenke, ist es mir ein Rätsel wie wir auf dem Ozean treibend, sechs Tage überleben konnten. Wir landeten auf der unbewohnten Insel Edateku, die zur Gemeinde Uken auf der Insel Amami-Oshima gehörte. Als das Floß das Land erreichte, waren wir vor Freude überwältigt und sprangen hastig von dem Floß herunter.
Der Morgen brach an und auf der Suche nach Wasser, liefen wir weiter ins Inselinnere. Danach warteten wir ungeduldig auf ein vorbeifahrendes Schiff. Plötzlich erschien ein Boot vor unseren Augen. Wir vereinten unsere Stimmen und riefen gemeinsam aus vollem Hals nach dem Boot. Ich kletterte auf einen kleinen Felsen und nach einer Weile änderte das Boot die Richtung und fuhr auf uns zu. Ich kann nicht mit Worten ausdrücken, wie sehr ich mich in diesem Moment gefreut habe. Wir fingen alle vor Freude an zu weinen. Der Kapitän sah mich und sagte zu mir: „Das hast du gut gemacht großes Mädchen, eine tolle Leistung“. Ich blieb trotz des Lobes stumm und schaut auf den Boden. Dann sagte er: „Jetzt müsst ihr erstmal was essen“. Wir erhielten eine Schüssel mit weißen Reis und eine Schüssel mit weichen braunen Zucker. Wir gruben unsere Hände in die Schüsseln und schlangen alles in uns hinein.
Von den 10 Leuten auf dem Floß hatten nur 4 überlebt. Wir wurden zur Klinik in dem Dorf, auf der gegenüberliegenden Küste gebracht. Dort nahm man sich unser an und wir erhielten Behandlung und Nahrung. Jetzt endlich fühlten wir uns wieder am Leben.
Leben in Amami Oshima
Eines Tages, traf ich zufällig einen Freund meines Vaters, Herr Tsukayama. Er nahm mich mit zu den Ort Koniya in Amami-Oshima wo er wohnte und er kümmerte sich dort ungefähr ein halbes Jahr um mich. Ich verbrachte meine Zeit damit auf sein neun Monate altes Baby aufzupassen und holte Herr Tsukayama immer von seinem Boot ab. Es gab zu dieser Zeit einige Luftangriffe auf Amami-Oshima und wir mussten uns manchmal Nachts in einem Luftschutzbunker verstecken. Herr Tsukayama schickte ein Telegramm an meine Mutter. „Keiko ist hier, lebendig“. Sie war vor Freude außer sich als sie erfuhr, dass ich in Sicherheit war und wartete ungeduldig auf meine Rückkehr. Als ich einen Brief von meiner Mutter erhielt, versteckte ich mich, las den Brief und weinte. Ich machte mir als Kind Sorgen, der Familie Tsukayama, die mich aufgenommen hatte meine Traurigkeit zu zeigen und kümmerte mich weiter um das Baby.
40 Einwohner aus Aha bestiegen die Tsushima Maru, 37 von ihnen starben. Nur meine Schwester, die Verlobte meines Bruders und ich haben überlebt. Deshalb gab es nach dem Krieg viele leere Häuser in Aha. Ganze Familien hatten das Schiff bestiegen und waren gestorben.
Heimkehr nach einem halben Jahr
Am 22. Februar 1945, bestieg ich das Boot von Herrn Tsukayama in Amami-Oshima. Wir hielten eine Nacht in Tokunoshima und wurden dort von einem Luftangriff überrascht. Wir sahen Boote die aus der Luft angegriffen wurden. Herr Tsukayama sagte, dass es zu gefährlich ist und er sein Boot nicht verlieren möchte. Deshalb versteckten wir uns im Hafen der Insel Yoron. Wir suchten Äste in den Hügel und bedeckten damit das Boot. Abends wurde der Fliegeralarm aufgehoben. Wir überquerten das Meer in der Nacht und trafen in Ada, Kunigami ein.
Meine Mutter kam nach Ada, um mich zu sehen, Sie lief durchs Dorf und suchte nach mir. Obwohl sie mich sah, erkannte sie mich nicht wieder. So sehr hatte ich mich in der kurzen Zeit verändert. Zu meiner Zeit in Aha war ich immer dünn gewesen, aber ich hatte gut gegessen in Herr Tsukayamas Haus und war gewachsen. Meine Haut war blasser geworden, ich hatte mich wirklich sehr verändert. Meine Mutter erkannte mich nicht und so war ich es, die auf sie zulief und sie umarmte.
Ich kehrte zu unserem Haus in Aha zurück und die erste Person, die ich traf, war Tokikos Mutter. Sie sagte sehr direkt zu mir: „Du bist also in einem Stück zurückgekommen, aber meine Tokiko hast du auf dem Meer gelassen“. Ich versteckte mich und schluchzte in mich hinein. Ich stellte mir vor, was Eltern fühlten und dachte, dass ich es verdient habe, dass sie so zu mir sprach. In unserem Haus wohnte ein Soldat namens Herr Yoshida. Es wohnte einer in jedem Haus und erhielt Verpflegung. Sie wurden zu unserem Schutz in Aha stationiert. Der Soldat war ein Mitglied der Nachrichten-Einheit und mit Dienst in den Bergen beauftragt. Der Sportplatz auf dem Schulgelände war in einen Kartoffelacker verwandelt worden. Es gab sporadische Luftangriffe und mir wurde erzählt, dass es am Tag meiner Ankunft in Ada Maschinengewehrfeuer im Dorf gegeben hatte. Alle staunten darüber, wie ich es geschafft hatte, mitten im Krieg unbeschadet heimzukommen.
Entbehrungen auf der Flucht
Im März zog ich in eine Schutzunterkunft auf der Spitze eines Berges. Die Schlacht um Okinawa begann kurz darauf. März und April verbrachten wir in den Bergen. Uns wurde gesagt, dass Japan den Krieg verloren hat, wir alle von den Amerikanern gefangen genommen werden und aus den Bergen herauskommen sollen. Wir wurden gezwungen von dem Berg herunterzugehen und versammelten uns alle in Aha. Dort wurden die Einwohner auf Schiffe geladen und in die Nähe von Noha in Ogimi transportiert. Meine Mutter sprach zu mir: „Ich setze dich nicht noch einmal auf ein Boot“ „Du bist von einem versunkenen Schiff zu uns zurück gekommen“ „Wenn du wieder ein Schiff besteigst, werden die Amerikaner dich vielleicht ins Meer werfen“. Anstatt das Schiff zu besteigen, rannten wir weg in die Berge.
Wir liefen tief in die Berge hinein, kamen auf der entgegengesetzten Seite an der Westküste wieder heraus und flohen nach Ueshima in Hentona. In Hetona waren wir für etwa sechs Monate. Es gab nichts zu essen. Meine Mutter erkrankte an Malaria und war nicht in der Lage sich um ihre Kinder zu kümmern. Wir waren damals zu viert geflohen. Meine Mutter, mein vier Jahre alter Bruder und meine siebenjährige Schwester. Ich lief auf einem Bergpfad die 36 km von Ueshima nach Aha in Kunigami und grub auf unserem eigenem Feld Süßkartoffeln aus. Die Kartoffeln legte ich in einen Korb und lief die 36 km wieder zurück. Ich kochte die Süßkartoffeln, gab sie meinem Bruder, meiner Schwester und meiner Mutter Waren sie aufgebraucht, machte mich erneut auf den Weg, um mehr Kartoffeln auszugraben. Irgendwann waren die Süßkartoffeln auf unserem Feld in Aha aufgebraucht. Unsere Mägen waren leer und wir wurden immer schwächer. Mein kleiner Bruder wurde immer dünner, sein Bauch blähte sich auf und er war er kurz davor zu sterben. Ich fühlte mich verantwortlich und brachte ihn zu einem Arzt, der sagte: „Dieses Kind ist nicht krank nur unterernährt“. Jemand riet uns ihn mit Fröschen und Insekten zu füttern. In unserem Hinterhof sprangen Frösche herum und ich versuchte sie einzufangen. Ich schlitzte ihre Bäuche auf, wusch sie, spießte sie auf, grillte sie und bestreute sie mit Salz. So wollte ich sie meinem Bruder geben, aber er wollte sie nicht essen, weil Frösche dreckig sind und ihm Angst einjagen. Ich zwang ihn sie zu essen, indem ich zu ihm sagte: „Du wirst sterben, wenn du das nicht isst“. Meine Mutter, meine Schwester und ich fingen Frösche, um sie zu essen und wir begannen uns besser zu fühlen. Mein Bruder bemerkte, dass die Frösche eigentlich gut schmeckten und sagte zu mir: „Schwester, die Frösche kommen immer abends raus“. Wir haben auch Libellen und Zikaden gegessen.
Das Leben direkt nach Kriegsende
Während wir auf diese Weise versuchten am Leben zu bleiben, war der Krieg zu Ende und meine Familie nahm den Bergpfad zurück nach Aha in Kunigami. Unser Haus war vollständig von Feuer zerstört worden, genauso wie alle anderen Häuser in unserem Dorf. Nicht ein einziges war übrig geblieben. Wir taten uns mit den älteren Männern zusammen und bauten kleine Hütten. So begann unser Nachkriegsleben. Direkt nach dem Krieg war unsere Schule kein Ort, an dem man lernen konnte. Im Schulgebäude waren Flüchtlinge aus Süd- und Mittelokinawa untergebracht. Die Fenster waren von den amerikanischen Soldaten eingeschlagen worden und eine Menge Leute hausten in der Schule. Die Flüchtlinge hatten nichts zu essen und verhungerten. Ich sah fast täglich jemanden sterben. Die Leichen wurden in einen Sack gesteckt und ich habe gehört, dass sie die Leichen am Eingang der Bucht oder in der Nähe der Gräber von Aha, weggeworfen haben. Eine große Anzahl von Flüchtlingen ist in Aha verhungert. Es gab auch für uns Dorfbewohner nichts zu essen. Es gab nichts, weil die Felder alle brach lagen. Alle machten die unterschiedlichsten Sachen um zu überleben. Wie Salz aus Meerwasser gewinnen für die Miso Suppe. Sie suchten auf den abgeernteten Kartoffelfelder nach übrig gebliebenen kleinen Süßkartoffeln und fanden so irgendwie etwas Essbares.
Nach einer Weile erhielten wir Versorgungsrationen von den Amerikanern und verschiedene Lebensmittel, wie Milch, Corned Beef und Pork wurden verteilt. Durch die leckeren Sachen erhielten wir alle neuen Lebensmut. Decken wurden ebenfalls verteilt und so sicherten wir unser Überleben.
Besuch der Highschool und Leben im Wohnheim
Mein Vater, mein Bruder und meine Schwestern kehrten aus Tokyo zurück, was unserer Familie neue Hoffnung gab. irgendwie schafften wir es wieder Süßkartoffeln auf unseren Feldern anzubauen und uns auf diese Weise selbst zu versorgen. Ich dachte darüber nach zur Highschool zu gehen, aber meine Familie verdiente nicht genug Geld, dass ich zur Highschool gehen konnte und es war schwierig mit meinem Vater drüber zu sprechen, dass ich zur Schule gehen wollte. Als ich ihn endlich fragte, war er gegen meine Idee. Ich dachte bei mir, er läßt mich nicht gehen obwohl ich es möchte. Aber er meinte, dass wir nicht genug Geld für das Wohnheim haben. Mir blieb nichts anderes übrig, als meinen Wunsch aufzugeben. Zu dieser Zeit war ein ehemaliger Mitschüler meines Vaters, der Rektor der Schule und er überzeugte meinen Vater für mich. Letztendlich erlaubte er mir zur Highschool zu gehen. Es gab eine große Feier, weil alle vier von uns, die zur Aufnahmeprüfung angetreten waren, das Examen bestanden und an der Schule aufgenommen wurden.
Ich ging zur Hentona High School, die von allen nur „Die Highschool“ genannte wurde. Es gab ein kleines schäbiges Wohnheim mit einem Strohdach in einem alten Gebäude. Das Essen war nicht besonders gut. Aber ich kam mit dem Mangel an gutem Essen zurecht und verbrachte drei Jahre in dem Wohnheim in Noha, Ogimi. Eines der Schulgebäude war eine Quonset-Baracke mit rundem Dach. (Wellblechbaracken des US-Militärs). Ich war Schülerin des achten Jahrgangs an der Henoko Highschool. Unsere Textbücher bestanden aus gedruckten Blättern und Notizheften. Wenn ich im Wohnheim war, kam ich kaum zum Lernen, weil ich mich ständig um die jüngeren Schüler kümmerte. Die Kinder aus den ländlichen Gebieten, weinten alle, wenn sie ins Wohnheim kamen. Sie schluchzten: „Ich will zurück nach Yanbaru“, „Ich will nach Hause“, und „Das Essen ist ungenießbar“. Es gab nur wenige Buslinien zu dieser Zeit und es war nicht einfach, für die Schüler nach Hause zu gelangen. Wenn einer der jüngeren Schüler sich erkältete, sorgte ich mich um ihn, kochte Suppe und handelte wie eine Krankenschwester. Ich lernte nicht sehr viel, aber ich hatte viel Freude in der Schule.
Während meiner Schulzeit arbeite mein Vater für eine große Baufirma in Naha. Nachdem ich die Highschool abgeschlossen hatte, erzählte er mir, dass es freie Stellen gibt. Ich ging nach Naha und fing in der selben Firma wie mein Vater an zu arbeiten.
Wie ich Lehrer an meiner alten Schule wurde
Um diese Zeit herum, hörte ich vom Direktor meiner ehemaligen Grundschule, dass sie nicht genug Lehrer haben und er fragte mich, ob ich nicht anfangen möchte. Freudig nahm ich das Angebot an. Meine Familie war nach Naha gezogen und ich wohnte im Haus meiner Großmutter. Ich wurde Assistenzlehrerin an der Aha Grundschule, auf die ich früher selber gegangen war. Ich erneuerte meinen Jahresvertrag als Assistenzlehrerin einige Male. Das Unterrichten passte gut zu mir und der Rektor bat mich eine richtige Lehrerin zu werden. Ich fing einen Fernkurs an der Ryukyu Universität an, um Kredits zu sammeln. Ich suchte mir Klassen aus, wo Professoren aus Japan, die nach Okinawa gekommen waren unterrichteten, sammelte die notwendigen Kredits, erhielt meine „Klasse 1“ Lehrerlizenz und arbeitete weiter als Lehrerin. Ich möchte nicht, dass Kinder heute solche Erfahrungen wie ich machen müssen. Meine ehemaligen Schüler sind mittlerweile groß und selber Lehrer und Rektoren geworden. Jeder von ihnen gibt sein Bestes, dass macht mich glücklich.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Ich würde mir wünschen, dass die jungen Leute ein bisschen mehr Interesse an der Welt zeigen. Die Geschichte gründlich studieren und lernen wie sich die Gesellschaft in der Zukunft entwickeln wird. Und sie sollen herausfinden, was sie selbst für den Frieden tun können. Das wünsche ich mir.
Frau Keiko Taira arbeitete viele Jahre als Grundschullehrerin und spielte eine wichtige Rolle in der Friedensforschung. Seit ihrer Pensionierung berichtete sie als Mitglied unseres „Erzähler-Clubs“ von den wahren Ereignissen der Schlacht um Okinawa und dem Untergang der Tsushima-Maru.
Leben in Kunigami
Ich wurde 1934 im Dorf Aha in Kunigami geboren. Während meiner Kindheit vor dem Krieg, betrieb jeder bei uns im Dorf Landwirtschaft. Die Kinder halfen bei der Aussaat und bei der Ernte. Ich habe mich um die Kühe, Schweine und Hühner gekümmert und auf meine jüngeren Geschwister aufgepasst. Gefühlt, habe ich mehr im Haushalt geholfen, als zu lernen. Ich war das viertälteste Kind von uns sieben Geschwistern.
An Bord der Tsushima Maru
Da waren meine Großmutter, meine Schwester, die auf die Dritte Präfektur Mädchen-Oberschule ging, mein Bruder in der sechsten Klasse und ich in der vierten Klasse. Die Verlobte meines Bruders, der in Tokyo lebte ging mit uns. Auch Tokiko, meine Cousine und Klassenkameradin, gesellte sich gegen den Widerstand ihrer Eltern zu uns. „Wenn Keiko geht, dann will ich auch gehen!“, und sie durfte uns begleiten.
Unser Beweggrund für die Evakuierung war, dass wir unseren Vater und Bruder, wiedersehen wollten. Wir dachten auch daran Schnee zu sehen und mit dem Zug zu fahren, wenn wir auf dem Festland waren. Uns kam überhaupt nicht in den Sinn, dass eine solche Reise mitten im Krieg gefährlich seien könnte. So groß war unsere Bewunderung für das Festland. Unsere Mutter stand der der Evakuierung zuerst etwas zögerlich gegenüber, ließ sich aber von meinem Bruder, dem Sechstklässler, der sich besonders enthusiastisch freute, umstimmen. Meine Großmutter war ebenfalls zurückhaltend, aber die Dorfgemeinschaft wollte die Älteren und die Kinder evakuiert haben. So ging sie mit uns, obwohl sie eigentlich ihr Haus in Aha nicht verlassen wollte. Die Leute im Dorf überzeugten sie, dass sie so ihren Sohn der in Tokyo lebte, sehen könnte. Letztendlich kehrte sie von der Evakuierung nicht zurück.
Untergang der Tsushima Maru
Am Abend des 22. August, wir waren an Bord der Tsushima Maru, erhielten wir die Aufforderung uns an Deck zu begeben. Unsere Familie ging nach oben und wir setzten uns zu sechst zusammen hin. Tokiko und ich schliefen in den Armen unserer Großmutter ein. Als ich aufwachte, trieb ich allein im Meer. Ich konnte die Stimme meiner Schwester nicht hören, obwohl sie doch neben mir sein sollte. Auch meine Großmutter war nicht mehr da. Ich rief nach ihnen: „Schwester! Großmutter!“, aber ich erhielt keine Antwort. Die Wellen wurden immer größer und Feuer brannten auf der Tsushima Maru, die von einem U-Boot angegriffen worden war. Kinder schrien und ich sah Soldaten, die eins nach dem anderen ins Meer warfen, Ich trieb im Ozean und wusste nicht, was um mich herum geschah. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass ich vom Rest der Familie getrennt war. Später hörte ich, dass meine Schwester und die Verlobte meines Bruders von einem Boot gerettet wurden. Die Gezeitenströme nach Norden und Süden, hatten uns getrennt. Tokiko und ich wurden nach Süden getrieben und die anderen nach Norden und landeten in Kagoshima.
Nach einer Weile war ich wieder mit einer weinenden Tokiko vereint. Ich munterte sie auf, dass sie wenn sie weint nicht Ausschau halten kann. Wir hielten uns an vorbei treibenden Sojasoßenfäßern fest und trieben so auf dem Wasser. Plötzlich wurden wir von einer großen Welle getroffen. Tokiko verlor ihren Halt am Fass und blieb für immer verschwunden. Ich suchte nach ihr, konnte sie aber nicht wiederfinden. Ich bekam große Angst. Tokiko war weg und die Leute wurden von den Wellen verschlungen und ihre Leichen trieben an mir vorbei. Etwa 50 Meter von mir entfernt, sah ich Menschen im Wasser treiben und wusste so, dass noch jemand am leben war. Ich tauchte unter den Leichen und dem Treibgut hindurch und schaffte es auf das 50 Meter entfernte Floß zu klettern. Das Floß war nur so groß wie zwei Tatamimatten (3,3 Quadratmeter) und aus Bambus gefertigt. Dutzende Leute versuchten auf das Floß zu gelangen. Ein Mann griff mich an beiden Beinen und zog mich ins Meer. Er zerrte mich von dem Floß und versuchte selbst hinauf zu gelangen. Selbst als ich schon im Meer trieb, wurde ich ständig an den Beinen gezogen. Ich dachte, dass ich jetzt wohl bald erschöpft ertrinken werde, aber ich wollte mich um jeden Preis an dem Floß festklammern. Schließlich gelang es mir doch noch an Bord zu klettern.
Als der Tag anbrach, waren nur noch 10 Leute auf dem Floß. Keiner der Männer, die die Leute ins Meer gezerrt hatten war noch da. Ein zweijähriger Junge wurde von seiner Mutter im Arm gehalten, die anderen neun Personen waren alles Frauen.
Abtreiben zu einer unbewohnten Insel
Hier begann unsere Odyssee. Unsere Haut wurde von der heißen Augustsonne verbrannt und unsere Gesichter sahen sehr übel aus. Wenn ich heute daran zurückdenke, ist es mir ein Rätsel wie wir auf dem Ozean treibend, sechs Tage überleben konnten. Wir landeten auf der unbewohnten Insel Edateku, die zur Gemeinde Uken auf der Insel Amami-Oshima gehörte. Als das Floß das Land erreichte, waren wir vor Freude überwältigt und sprangen hastig von dem Floß herunter.
Der Morgen brach an und auf der Suche nach Wasser, liefen wir weiter ins Inselinnere. Danach warteten wir ungeduldig auf ein vorbeifahrendes Schiff. Plötzlich erschien ein Boot vor unseren Augen. Wir vereinten unsere Stimmen und riefen gemeinsam aus vollem Hals nach dem Boot. Ich kletterte auf einen kleinen Felsen und nach einer Weile änderte das Boot die Richtung und fuhr auf uns zu. Ich kann nicht mit Worten ausdrücken, wie sehr ich mich in diesem Moment gefreut habe. Wir fingen alle vor Freude an zu weinen. Der Kapitän sah mich und sagte zu mir: „Das hast du gut gemacht großes Mädchen, eine tolle Leistung“. Ich blieb trotz des Lobes stumm und schaut auf den Boden. Dann sagte er: „Jetzt müsst ihr erstmal was essen“. Wir erhielten eine Schüssel mit weißen Reis und eine Schüssel mit weichen braunen Zucker. Wir gruben unsere Hände in die Schüsseln und schlangen alles in uns hinein.
Von den 10 Leuten auf dem Floß hatten nur 4 überlebt. Wir wurden zur Klinik in dem Dorf, auf der gegenüberliegenden Küste gebracht. Dort nahm man sich unser an und wir erhielten Behandlung und Nahrung. Jetzt endlich fühlten wir uns wieder am Leben.
Leben in Amami Oshima
Eines Tages, traf ich zufällig einen Freund meines Vaters, Herr Tsukayama. Er nahm mich mit zu den Ort Koniya in Amami-Oshima wo er wohnte und er kümmerte sich dort ungefähr ein halbes Jahr um mich. Ich verbrachte meine Zeit damit auf sein neun Monate altes Baby aufzupassen und holte Herr Tsukayama immer von seinem Boot ab. Es gab zu dieser Zeit einige Luftangriffe auf Amami-Oshima und wir mussten uns manchmal Nachts in einem Luftschutzbunker verstecken. Herr Tsukayama schickte ein Telegramm an meine Mutter. „Keiko ist hier, lebendig“. Sie war vor Freude außer sich als sie erfuhr, dass ich in Sicherheit war und wartete ungeduldig auf meine Rückkehr. Als ich einen Brief von meiner Mutter erhielt, versteckte ich mich, las den Brief und weinte. Ich machte mir als Kind Sorgen, der Familie Tsukayama, die mich aufgenommen hatte meine Traurigkeit zu zeigen und kümmerte mich weiter um das Baby.
40 Einwohner aus Aha bestiegen die Tsushima Maru, 37 von ihnen starben. Nur meine Schwester, die Verlobte meines Bruders und ich haben überlebt. Deshalb gab es nach dem Krieg viele leere Häuser in Aha. Ganze Familien hatten das Schiff bestiegen und waren gestorben.
Heimkehr nach einem halben Jahr
Am 22. Februar 1945, bestieg ich das Boot von Herrn Tsukayama in Amami-Oshima. Wir hielten eine Nacht in Tokunoshima und wurden dort von einem Luftangriff überrascht. Wir sahen Boote die aus der Luft angegriffen wurden. Herr Tsukayama sagte, dass es zu gefährlich ist und er sein Boot nicht verlieren möchte. Deshalb versteckten wir uns im Hafen der Insel Yoron. Wir suchten Äste in den Hügel und bedeckten damit das Boot. Abends wurde der Fliegeralarm aufgehoben. Wir überquerten das Meer in der Nacht und trafen in Ada, Kunigami ein.
Meine Mutter kam nach Ada, um mich zu sehen, Sie lief durchs Dorf und suchte nach mir. Obwohl sie mich sah, erkannte sie mich nicht wieder. So sehr hatte ich mich in der kurzen Zeit verändert. Zu meiner Zeit in Aha war ich immer dünn gewesen, aber ich hatte gut gegessen in Herr Tsukayamas Haus und war gewachsen. Meine Haut war blasser geworden, ich hatte mich wirklich sehr verändert. Meine Mutter erkannte mich nicht und so war ich es, die auf sie zulief und sie umarmte.
Ich kehrte zu unserem Haus in Aha zurück und die erste Person, die ich traf, war Tokikos Mutter. Sie sagte sehr direkt zu mir: „Du bist also in einem Stück zurückgekommen, aber meine Tokiko hast du auf dem Meer gelassen“. Ich versteckte mich und schluchzte in mich hinein. Ich stellte mir vor, was Eltern fühlten und dachte, dass ich es verdient habe, dass sie so zu mir sprach. In unserem Haus wohnte ein Soldat namens Herr Yoshida. Es wohnte einer in jedem Haus und erhielt Verpflegung. Sie wurden zu unserem Schutz in Aha stationiert. Der Soldat war ein Mitglied der Nachrichten-Einheit und mit Dienst in den Bergen beauftragt. Der Sportplatz auf dem Schulgelände war in einen Kartoffelacker verwandelt worden. Es gab sporadische Luftangriffe und mir wurde erzählt, dass es am Tag meiner Ankunft in Ada Maschinengewehrfeuer im Dorf gegeben hatte. Alle staunten darüber, wie ich es geschafft hatte, mitten im Krieg unbeschadet heimzukommen.
Entbehrungen auf der Flucht
Im März zog ich in eine Schutzunterkunft auf der Spitze eines Berges. Die Schlacht um Okinawa begann kurz darauf. März und April verbrachten wir in den Bergen. Uns wurde gesagt, dass Japan den Krieg verloren hat, wir alle von den Amerikanern gefangen genommen werden und aus den Bergen herauskommen sollen. Wir wurden gezwungen von dem Berg herunterzugehen und versammelten uns alle in Aha. Dort wurden die Einwohner auf Schiffe geladen und in die Nähe von Noha in Ogimi transportiert. Meine Mutter sprach zu mir: „Ich setze dich nicht noch einmal auf ein Boot“ „Du bist von einem versunkenen Schiff zu uns zurück gekommen“ „Wenn du wieder ein Schiff besteigst, werden die Amerikaner dich vielleicht ins Meer werfen“. Anstatt das Schiff zu besteigen, rannten wir weg in die Berge.
Wir liefen tief in die Berge hinein, kamen auf der entgegengesetzten Seite an der Westküste wieder heraus und flohen nach Ueshima in Hentona. In Hetona waren wir für etwa sechs Monate. Es gab nichts zu essen. Meine Mutter erkrankte an Malaria und war nicht in der Lage sich um ihre Kinder zu kümmern. Wir waren damals zu viert geflohen. Meine Mutter, mein vier Jahre alter Bruder und meine siebenjährige Schwester. Ich lief auf einem Bergpfad die 36 km von Ueshima nach Aha in Kunigami und grub auf unserem eigenem Feld Süßkartoffeln aus. Die Kartoffeln legte ich in einen Korb und lief die 36 km wieder zurück. Ich kochte die Süßkartoffeln, gab sie meinem Bruder, meiner Schwester und meiner Mutter Waren sie aufgebraucht, machte mich erneut auf den Weg, um mehr Kartoffeln auszugraben. Irgendwann waren die Süßkartoffeln auf unserem Feld in Aha aufgebraucht. Unsere Mägen waren leer und wir wurden immer schwächer. Mein kleiner Bruder wurde immer dünner, sein Bauch blähte sich auf und er war er kurz davor zu sterben. Ich fühlte mich verantwortlich und brachte ihn zu einem Arzt, der sagte: „Dieses Kind ist nicht krank nur unterernährt“. Jemand riet uns ihn mit Fröschen und Insekten zu füttern. In unserem Hinterhof sprangen Frösche herum und ich versuchte sie einzufangen. Ich schlitzte ihre Bäuche auf, wusch sie, spießte sie auf, grillte sie und bestreute sie mit Salz. So wollte ich sie meinem Bruder geben, aber er wollte sie nicht essen, weil Frösche dreckig sind und ihm Angst einjagen. Ich zwang ihn sie zu essen, indem ich zu ihm sagte: „Du wirst sterben, wenn du das nicht isst“. Meine Mutter, meine Schwester und ich fingen Frösche, um sie zu essen und wir begannen uns besser zu fühlen. Mein Bruder bemerkte, dass die Frösche eigentlich gut schmeckten und sagte zu mir: „Schwester, die Frösche kommen immer abends raus“. Wir haben auch Libellen und Zikaden gegessen.
Das Leben direkt nach Kriegsende
Während wir auf diese Weise versuchten am Leben zu bleiben, war der Krieg zu Ende und meine Familie nahm den Bergpfad zurück nach Aha in Kunigami. Unser Haus war vollständig von Feuer zerstört worden, genauso wie alle anderen Häuser in unserem Dorf. Nicht ein einziges war übrig geblieben. Wir taten uns mit den älteren Männern zusammen und bauten kleine Hütten. So begann unser Nachkriegsleben. Direkt nach dem Krieg war unsere Schule kein Ort, an dem man lernen konnte. Im Schulgebäude waren Flüchtlinge aus Süd- und Mittelokinawa untergebracht. Die Fenster waren von den amerikanischen Soldaten eingeschlagen worden und eine Menge Leute hausten in der Schule. Die Flüchtlinge hatten nichts zu essen und verhungerten. Ich sah fast täglich jemanden sterben. Die Leichen wurden in einen Sack gesteckt und ich habe gehört, dass sie die Leichen am Eingang der Bucht oder in der Nähe der Gräber von Aha, weggeworfen haben. Eine große Anzahl von Flüchtlingen ist in Aha verhungert. Es gab auch für uns Dorfbewohner nichts zu essen. Es gab nichts, weil die Felder alle brach lagen. Alle machten die unterschiedlichsten Sachen um zu überleben. Wie Salz aus Meerwasser gewinnen für die Miso Suppe. Sie suchten auf den abgeernteten Kartoffelfelder nach übrig gebliebenen kleinen Süßkartoffeln und fanden so irgendwie etwas Essbares.
Nach einer Weile erhielten wir Versorgungsrationen von den Amerikanern und verschiedene Lebensmittel, wie Milch, Corned Beef und Pork wurden verteilt. Durch die leckeren Sachen erhielten wir alle neuen Lebensmut. Decken wurden ebenfalls verteilt und so sicherten wir unser Überleben.
Besuch der Highschool und Leben im Wohnheim
Mein Vater, mein Bruder und meine Schwestern kehrten aus Tokyo zurück, was unserer Familie neue Hoffnung gab. irgendwie schafften wir es wieder Süßkartoffeln auf unseren Feldern anzubauen und uns auf diese Weise selbst zu versorgen. Ich dachte darüber nach zur Highschool zu gehen, aber meine Familie verdiente nicht genug Geld, dass ich zur Highschool gehen konnte und es war schwierig mit meinem Vater drüber zu sprechen, dass ich zur Schule gehen wollte. Als ich ihn endlich fragte, war er gegen meine Idee. Ich dachte bei mir, er läßt mich nicht gehen obwohl ich es möchte. Aber er meinte, dass wir nicht genug Geld für das Wohnheim haben. Mir blieb nichts anderes übrig, als meinen Wunsch aufzugeben. Zu dieser Zeit war ein ehemaliger Mitschüler meines Vaters, der Rektor der Schule und er überzeugte meinen Vater für mich. Letztendlich erlaubte er mir zur Highschool zu gehen. Es gab eine große Feier, weil alle vier von uns, die zur Aufnahmeprüfung angetreten waren, das Examen bestanden und an der Schule aufgenommen wurden.
Ich ging zur Hentona High School, die von allen nur „Die Highschool“ genannte wurde. Es gab ein kleines schäbiges Wohnheim mit einem Strohdach in einem alten Gebäude. Das Essen war nicht besonders gut. Aber ich kam mit dem Mangel an gutem Essen zurecht und verbrachte drei Jahre in dem Wohnheim in Noha, Ogimi. Eines der Schulgebäude war eine Quonset-Baracke mit rundem Dach. (Wellblechbaracken des US-Militärs). Ich war Schülerin des achten Jahrgangs an der Henoko Highschool. Unsere Textbücher bestanden aus gedruckten Blättern und Notizheften. Wenn ich im Wohnheim war, kam ich kaum zum Lernen, weil ich mich ständig um die jüngeren Schüler kümmerte. Die Kinder aus den ländlichen Gebieten, weinten alle, wenn sie ins Wohnheim kamen. Sie schluchzten: „Ich will zurück nach Yanbaru“, „Ich will nach Hause“, und „Das Essen ist ungenießbar“. Es gab nur wenige Buslinien zu dieser Zeit und es war nicht einfach, für die Schüler nach Hause zu gelangen. Wenn einer der jüngeren Schüler sich erkältete, sorgte ich mich um ihn, kochte Suppe und handelte wie eine Krankenschwester. Ich lernte nicht sehr viel, aber ich hatte viel Freude in der Schule.
Während meiner Schulzeit arbeite mein Vater für eine große Baufirma in Naha. Nachdem ich die Highschool abgeschlossen hatte, erzählte er mir, dass es freie Stellen gibt. Ich ging nach Naha und fing in der selben Firma wie mein Vater an zu arbeiten.
Wie ich Lehrer an meiner alten Schule wurde
Um diese Zeit herum, hörte ich vom Direktor meiner ehemaligen Grundschule, dass sie nicht genug Lehrer haben und er fragte mich, ob ich nicht anfangen möchte. Freudig nahm ich das Angebot an. Meine Familie war nach Naha gezogen und ich wohnte im Haus meiner Großmutter. Ich wurde Assistenzlehrerin an der Aha Grundschule, auf die ich früher selber gegangen war. Ich erneuerte meinen Jahresvertrag als Assistenzlehrerin einige Male. Das Unterrichten passte gut zu mir und der Rektor bat mich eine richtige Lehrerin zu werden. Ich fing einen Fernkurs an der Ryukyu Universität an, um Kredits zu sammeln. Ich suchte mir Klassen aus, wo Professoren aus Japan, die nach Okinawa gekommen waren unterrichteten, sammelte die notwendigen Kredits, erhielt meine „Klasse 1“ Lehrerlizenz und arbeitete weiter als Lehrerin. Ich möchte nicht, dass Kinder heute solche Erfahrungen wie ich machen müssen. Meine ehemaligen Schüler sind mittlerweile groß und selber Lehrer und Rektoren geworden. Jeder von ihnen gibt sein Bestes, dass macht mich glücklich.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Ich würde mir wünschen, dass die jungen Leute ein bisschen mehr Interesse an der Welt zeigen. Die Geschichte gründlich studieren und lernen wie sich die Gesellschaft in der Zukunft entwickeln wird. Und sie sollen herausfinden, was sie selbst für den Frieden tun können. Das wünsche ich mir.
Frau Keiko Taira arbeitete viele Jahre als Grundschullehrerin und spielte eine wichtige Rolle in der Friedensforschung. Seit ihrer Pensionierung berichtete sie als Mitglied unseres „Erzähler-Clubs“ von den wahren Ereignissen der Schlacht um Okinawa und dem Untergang der Tsushima-Maru.