Mein Leben mit der Bananenfaser
Frau Toshiko Taira
Geburtsjahr:1920
Geburtsort: Ogimi
Meine Kindheit in Kijoka
Ich wurde in Kijoka in Ogimi-son geboren. In Kijoka hatten alle Einwohner mit dem Bashofu (Stoff aus Bananenfaser) zu tun. Unsere Familie widmete sich, seit meines Großvaters Zeiten der Promotion des Bashofu. Meine Mutter arbeitete nicht auf dem Feld, sondern webte ununterbrochen Bashofu. Ich wuchs mit dem Geräusch des Webstuhls auf, als wäre es ein Schlaflied. Von klein auf half ich meiner Mutter beim Garn spinnen. Als ich 10 Jahre alt wurde, fing ich mit dem Weben an. Ich war noch zu klein und meine Füße reichten nicht zu den Pedalen, mit einem Brett justierten wir die Höhe für mich. Ich webte noch nicht mit Bananengarn, sondern mit Baumwolle. Das Bananengarn ist sehr empfindlich, deshalb fing ich mit Baumwolle an.
In der fünften Klasse der Grundschule konnte ich bereits meinen eigenen Kimono weben und fertigte auch welche für meine weiblichen Verwandten. In der ersten Klasse der Oberstufe webte ich einen Kasuri-Kimono (leichter Sommerkimono) für meine Mutter. Ich schloss die Schule nach der zweiten Klasse der Oberstufe ab und half meiner Mutter beim weben.
Rückkehr in die Heimat nach dem Arbeiten in Japan
Später arbeitete ich in Shikoku und in Tokyo. Während ich in Tokyo arbeite, kam mein Vater, um mich heimzuholen. Es gab niemanden mehr der arbeiten konnte. Ich packte sofort meine Sachen und kehrte nach Kijoka zurück. Als Mitglied des Jugendvereins, kümmerten wir uns um die Familien, in denen die Männer eingezogen worden waren. Ich war so beschäftigt mit Brennholz holen, das ich keine Zeit für meine eigene Familie hatte.
Auf diese Weise verging die Zeit, bis Anfang 1944 ein Lehrer der Jugendschule zu uns nachhause kam. Wahrscheinlich hatte er mich bereits im Voraus ausgewählt, er sagte, dass er 30 Frauen aus Ogimi-son für das Freiwillige Frauen Korps brauchte und bat mich mit ihm zu gehen, ohne meinem Vater etwas davon zu sagen. Erfreut gab ich meine Einwilligung zur Arbeit in einer Munitionsfabrik in Japan. Am 30. März verließen wir den Hafen von Naha. Fünf Frauen aus Nago, und 30 aus Nakijin, ungefähr 120 Leute waren mobilisiert worden. Wir fuhren an den Inseln entlang und am neunten Tag erreichten wir Kagoshima.
Zur Fabrik in Kurashiki
Ohne das Ziel unserer Reise zu kennen, erreichten wir Kurashiki in Okayama. Das war am 20. April. Die Kirschbäume standen in voller Blüte, als wir empfangen wurden. Es gab einen Willkommensfeier und der Fabrikleiter begrüßte uns, das „Freiwilligen Korps aus Okinawa, das die Todeslinie überschritten hatte“. Danach erhielten wir ein einmonatiges Praktikum in der Ausbildungsfabrik. Wir bekamen einen Hammer, ein Hachimaki (Stirnband) und Arbeitskleidung. Immer wenn wir vom Wohnheim zur Fabrik gingen, sangen wir das Lied des Freiwilligenkorps und marschierten im Gleichschritt.
Wir waren unter diesen Umständen aus Okinawa gekommen und taten alles, um nicht als Schande für Okinawa zu gelten. Damals wurden die Einwohner von Okinawa stark diskriminiert. Zum Beispiel, wäre kein Japaner nach einem Okinawaner in das gemeinsame Bad gestiegen.
Studium des Webens nach Kriegsende
Im Juni 1945 teilte uns der Fabrikleiter auf einer Trauerzeremonie mit, dass Okinawa gefallen war. Am 15. August hörten wir dann die Ausstrahlung, die das Ende des Krieges verkündete. Der Fabrikleiter Herr Ohara, sagte zu uns: „Wer Verwandte hat, auf die er zählen kann, kann nach Okinawa zurückgehen, ihr könnt aber auch hier (in der Spinnerei in Kurashiki) bleiben“ und händigte jedem von uns ein Sparbuch mit 200 oder 300 Yen aus. Das Freiwilligenkorps wurde aufgelöst und ich blieb mit etwa 60 weiteren Leuten in Kurashiki zurück. Wir wurden zu einer Spinnerei, die noch in Betrieb war transferiert.
Nach ungefähr zwei Monaten sprach mich Direktor Ohara an: „Ich möchte gerne die Okinawanische Kultur in Kurashiki erhalten“. „Fällt die nicht etwas ein, was wir tun können?“ Ich antwortete, dass ich keine Ahnung von Töpfern oder Färben hatte und erzählte ihm davon, wie ich früher meiner Mutter beim Weben von Bashofu geholfen habe. Er erwiderte: „Das ist eine tolle Sache, dass du weben kannst. Wir haben doch da auch noch Herrn Tonomura“. Direktor Ohara war damals der Leiter des Volkskunstmuseums von Kurashiki. Seine Familie unterstützte seit Generationen die Volkskunst in der Gegend. Er konsultierte sich mit Muneyoshi Yanagi, von der Volkskunstbewegung. In diesen schweren Zeiten, in denen die Firma wieder aufgebaut werden musste, fügte er das Programm zur „Wiederbelebung der Kultur Okinawas“ in seinen Unternehmensplan ein. Dafür holte er Herrn Kichinosuke Tonomura von der Japanischen Gesellschaft für Volkskunst in den Betrieb. Herr Tonomura brachte mir die unterschiedlichsten Webtechniken bei. Er sagte immer zu uns Weberinnen: „Weben kommt vom Herzen“, und „Dein Herz spiegelt sich im Gewebe“. Er lehrte mich nicht nur wie man webt, sondern auch die Einstellung dem Weben gegenüber.
Abreise aus Okayama
Anfang 1946 kehrte ich nach Okinawa zurück. Ich war in tiefem Zwiespalt deswegen. Die Firma hatte eine Menge Sachen für uns vorbereitet, wir konnten frei tun was wir wollten, wir erhielten eine Gehalt und es gab reichlich zu essen. Wir wohnten in einem Wohnheim und es fehlte uns an nicht. Daher verlies ich Okayama mit dem Gefühl, tief in der Schuld der Firma zu stehen. Eine große Anzahl Okinawaner, die in der Fabrik oder in der Nähe, in Okayama lebten, kamen zum Bahnhof von Kurashiki, um uns zu verabschieden. Auch Direktor Ohara, Herr Tonomura und die verschiedenen Abteilungsleiter waren unter ihnen. Im Moment unserer Abfahrt, sagten sie zu uns: „Wenn ihr wieder in Okinawa seid, möchte ich, dass ihr das Weben von Bashofu bewahrt und weiterführt“ Diese Worte erfüllte mich mit tiefer Dankbarkeit und ich verbeugte mich wieder und wieder, als ich mich verabschiedete. Ich bestieg ein Schiff in Ujina in Hiroshima und landete in Kubazaki.
Als ich Naha ankam, sah man soweit das Auge reichte nur verbrannte Erde. Ab und zu stand ein vereinzeltes Haus aus Zeltplanen. Ich bestieg einen LKW und fuhr in meine Heimat. Voller Nostalgie betrachtete ich dem Weg die Landschaft Okinawas, mit dem blauen Meer und den grünen Bergen.
Zurück in Kijoka
Zurück in Kijoka hatte sich vieles verändert. An der Küste reihten sich Zelte und strohgedeckte Hütten, während im Ortskern viele Häuser abgebrannt waren. Sowie ich unser Haus erreichte, wollte ich zu allererst vor dem buddhistischen Altar meine Hände zum Gebet falten, aber irgendetwas stimmte nicht. Die Ahnentafel, die immer dort gestanden hatte, war gegen eine ältere ausgetauscht worden. Wir hatten eine große Ahnentafel im chinesischen Stil besessen. Als ich meine Familie befragte erhielt ich zur Antwort, dass der Kommandeur der amerikanischen Einheit, die in der Grundschule untergebracht war, die Ahnentafel in seinem Zimmer als Schmuck aufgestellt hat. In den Wirren des Krieges sind viele Sachen, wie Dekorationsstücke für das Wohnzimmer oder die Sturmtüren, abhanden gekommen. Wir hatten unser Haus erst vor fünf Jahren neugebaut und eigentliche hätten die Sturmtüren da sein müssen, aber die neuen Sturmtüren waren entfernt und durch alte ersetzt worden. In unserem Hochschuppen stapelten sich aber noch viele Wertsachen, wie unser teures Lackgeschirr.
Die Wiederbelebung des Bashofu nach dem Krieg
Zu dieser Zeit arbeiteten viele der Dorfbewohner für das amerikanische Militär. Sie bestiegen Montagmorgen einen Armee Truck und kehrten erst am Sonnabend wieder zurück. Die Basho Plantagen waren alle verschwunden. Die Felder sollen Brutstätten der Mücken gewesen sein, die während des Krieges die Malaria übertragen haben und sind deshalb von den US-Truppen abgebrannt worden. Trotzdem zeigten sich bereits wieder die ersten Sprossen und die Bashostauden auf unserem Grundstück fingen wieder an zu wachsen. Da es keine großen Basho Plantagen mehr gab, konnten wir noch kein Bashofu weben. Ich träufelte Handschuhe oder Socken auf und benutzte das Garn zum weben. In den meisten Häusern war der Webstuhl und die die dazugehörigen Werkzeuge noch vorhanden. Unseren Webstuhl benutzte meine Tante.
Auch in unseren Hochschuppen gab es noch die Webwerkzeuge. Wir hatten früher Seidenraupen gezüchtet, daher fand sich auch noch eine Menge Seidengarn in der Decke des Schuppen. Meine Mutter benutze Baumwolle und das Seidengarn zum Weben von Stoffen. Ich dachte mir, dass sie nicht unbehandelt bleiben sollten und färbte sie mit verschiedenen Färbetechniken.
Wiederaufbau und Herausforderungen des Bashofu Weben
Durch einen Taifun, waren die Soko (Litzen) nass und unbrauchbar geworden und ich überlegte, wie ich selber welche herstellen könnte. Meine Tante hatte keine Ahnung wie man sie macht, aber sie gab mir eine von ihren. Diese Litze benutzte ich als Modell, um meine eigenen Litzen zu fertigen. Eines der benötigten Werkzeuge ist der Osa (Weberkamm). Der musste ebenfalls ersetzt werden. Dann waren da noch das Shinshi (Gerät zum Stoffspannen) und das Hi (Webschiffchen). Das Webschiffchen fertigte ich aus einem Schweineknochen. Auf diese Weise bekam ich irgendwie alle Sachen zusammen und konnte damit anfangen, mich im Weben von Bashofu zu versuchen.
Ich war zwar in der Lage Bashofu zu weben, konnte mich aber in keiner Weise mit den Veteranen unter den Webern messen. Ich gab nicht auf und webte schliesslich Stoffe, die auf Ausstellungen gezeigt wurden. Das Garn meiner Mutter färbte ich mit Sharinbai (eine Pflaumenart). Ich überlegte, wie ich das Weben von Bashofu beleben könnte und probierte verschiedene Webmethoden aus, um neue Stoffe herzustellen. Allmählich ging mir das Garn meiner Mutter aus. In Noha, einem Dorf in der Nähe von Kijoka, gab es ein Menge Basho Garn und ich bat darum, mich damit zu versorgen. Das aufgekaufte Garn benutzte ich, indem ich die gute Qualität zum Weben von Bashofu nahm und die mindere Qualität für mich selber verwendete. Zu dieser Zeit kostete selbst der ungemusterte Stoff für einen Kimono 600 B-Yen (US Militärwährung). Das notwendige Garn dafür knapp 200 Yen. Wenn ich genug Basho Garn hatte, webte ich daraus Hitoeobi (Kimonogürtel) für Männer. Aus den restlichen Fäden fertigten ich Untersetzer für Blumenvasen. So verbreitete sich die Anfertigung solcher Sachen unter den Bewohnern von Kijoka. Wir webten Kasuri-Obi und aus den übrig gebliebenen Stoffresten Noren-Vorhänge. Besonders beliebt waren bei den Amerikanern die Briefständer. Die Leute hörten von uns und kamen bis hierher. Wir waren in der Lage unsere Waren an einem Stand im Flughafen zu verkaufen. Das US Militär war damals im Ort Okuma in Kunigami stationiert. Aber es kamen auch Amerikaner von der Kadena Air Base zu uns. Ich bat die Einwohner von Kijoka für mich Aufträge zu übernehmen. Ich kalkulierte die benötigte Arbeitszeit anhand meines eigenen Arbeitstempo und habe die Leute dann danach bezahlt. Ich verkaufte die Stoffe selber 10 bis 20 Prozent teurer, als die Zwischenhändler bezahlten. Ich lernte alles über den Verkauf und die Festsetzung von Preisen und verhandelte auch die Standmieten, um den Leuten die in das Weben von Bashofu involviert waren, so viel wie möglich bezahlen zu können.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Ich glaube, dass die jungen Leute von heute gut ausgebildet sind. Über ein gutes Wissen verfügen und ein bestens ausgestattetes Umfeld haben. Deshalb möchte ich, dass sie nicht nur an sich selbst denken, sondern auch darüber, wie sie der Welt eine gute Arbeit hinterlassen und den Staffelstab an die nächste Generation weitergeben können.
1974 wurde „Kijoka Bashofu“ zum bedeutenden Kulturgut Japans erklärt. Danach wurde Frau Toshiko Taira zur Vorsitzenden der Vereinigung zur Bewahrung des Bashofu ernannt und widmete sich der Promotion des Bashofu und der Förderung zukünftiger Generationen. In Anerkennung ihrer Leistungen zur Bewahrung des bedeutenden Kulturguts Bashofu wurde sie im Jahr 2000 zum „Lebenden Nationalschatz Japans“ ernannt.
Meine Kindheit in Kijoka
Ich wurde in Kijoka in Ogimi-son geboren. In Kijoka hatten alle Einwohner mit dem Bashofu (Stoff aus Bananenfaser) zu tun. Unsere Familie widmete sich, seit meines Großvaters Zeiten der Promotion des Bashofu. Meine Mutter arbeitete nicht auf dem Feld, sondern webte ununterbrochen Bashofu. Ich wuchs mit dem Geräusch des Webstuhls auf, als wäre es ein Schlaflied. Von klein auf half ich meiner Mutter beim Garn spinnen. Als ich 10 Jahre alt wurde, fing ich mit dem Weben an. Ich war noch zu klein und meine Füße reichten nicht zu den Pedalen, mit einem Brett justierten wir die Höhe für mich. Ich webte noch nicht mit Bananengarn, sondern mit Baumwolle. Das Bananengarn ist sehr empfindlich, deshalb fing ich mit Baumwolle an.
In der fünften Klasse der Grundschule konnte ich bereits meinen eigenen Kimono weben und fertigte auch welche für meine weiblichen Verwandten. In der ersten Klasse der Oberstufe webte ich einen Kasuri-Kimono (leichter Sommerkimono) für meine Mutter. Ich schloss die Schule nach der zweiten Klasse der Oberstufe ab und half meiner Mutter beim weben.
Rückkehr in die Heimat nach dem Arbeiten in Japan
Später arbeitete ich in Shikoku und in Tokyo. Während ich in Tokyo arbeite, kam mein Vater, um mich heimzuholen. Es gab niemanden mehr der arbeiten konnte. Ich packte sofort meine Sachen und kehrte nach Kijoka zurück. Als Mitglied des Jugendvereins, kümmerten wir uns um die Familien, in denen die Männer eingezogen worden waren. Ich war so beschäftigt mit Brennholz holen, das ich keine Zeit für meine eigene Familie hatte.
Auf diese Weise verging die Zeit, bis Anfang 1944 ein Lehrer der Jugendschule zu uns nachhause kam. Wahrscheinlich hatte er mich bereits im Voraus ausgewählt, er sagte, dass er 30 Frauen aus Ogimi-son für das Freiwillige Frauen Korps brauchte und bat mich mit ihm zu gehen, ohne meinem Vater etwas davon zu sagen. Erfreut gab ich meine Einwilligung zur Arbeit in einer Munitionsfabrik in Japan. Am 30. März verließen wir den Hafen von Naha. Fünf Frauen aus Nago, und 30 aus Nakijin, ungefähr 120 Leute waren mobilisiert worden. Wir fuhren an den Inseln entlang und am neunten Tag erreichten wir Kagoshima.
Zur Fabrik in Kurashiki
Ohne das Ziel unserer Reise zu kennen, erreichten wir Kurashiki in Okayama. Das war am 20. April. Die Kirschbäume standen in voller Blüte, als wir empfangen wurden. Es gab einen Willkommensfeier und der Fabrikleiter begrüßte uns, das „Freiwilligen Korps aus Okinawa, das die Todeslinie überschritten hatte“. Danach erhielten wir ein einmonatiges Praktikum in der Ausbildungsfabrik. Wir bekamen einen Hammer, ein Hachimaki (Stirnband) und Arbeitskleidung. Immer wenn wir vom Wohnheim zur Fabrik gingen, sangen wir das Lied des Freiwilligenkorps und marschierten im Gleichschritt.
Wir waren unter diesen Umständen aus Okinawa gekommen und taten alles, um nicht als Schande für Okinawa zu gelten. Damals wurden die Einwohner von Okinawa stark diskriminiert. Zum Beispiel, wäre kein Japaner nach einem Okinawaner in das gemeinsame Bad gestiegen.
Studium des Webens nach Kriegsende
Im Juni 1945 teilte uns der Fabrikleiter auf einer Trauerzeremonie mit, dass Okinawa gefallen war. Am 15. August hörten wir dann die Ausstrahlung, die das Ende des Krieges verkündete. Der Fabrikleiter Herr Ohara, sagte zu uns: „Wer Verwandte hat, auf die er zählen kann, kann nach Okinawa zurückgehen, ihr könnt aber auch hier (in der Spinnerei in Kurashiki) bleiben“ und händigte jedem von uns ein Sparbuch mit 200 oder 300 Yen aus. Das Freiwilligenkorps wurde aufgelöst und ich blieb mit etwa 60 weiteren Leuten in Kurashiki zurück. Wir wurden zu einer Spinnerei, die noch in Betrieb war transferiert.
Nach ungefähr zwei Monaten sprach mich Direktor Ohara an: „Ich möchte gerne die Okinawanische Kultur in Kurashiki erhalten“. „Fällt die nicht etwas ein, was wir tun können?“ Ich antwortete, dass ich keine Ahnung von Töpfern oder Färben hatte und erzählte ihm davon, wie ich früher meiner Mutter beim Weben von Bashofu geholfen habe. Er erwiderte: „Das ist eine tolle Sache, dass du weben kannst. Wir haben doch da auch noch Herrn Tonomura“. Direktor Ohara war damals der Leiter des Volkskunstmuseums von Kurashiki. Seine Familie unterstützte seit Generationen die Volkskunst in der Gegend. Er konsultierte sich mit Muneyoshi Yanagi, von der Volkskunstbewegung. In diesen schweren Zeiten, in denen die Firma wieder aufgebaut werden musste, fügte er das Programm zur „Wiederbelebung der Kultur Okinawas“ in seinen Unternehmensplan ein. Dafür holte er Herrn Kichinosuke Tonomura von der Japanischen Gesellschaft für Volkskunst in den Betrieb. Herr Tonomura brachte mir die unterschiedlichsten Webtechniken bei. Er sagte immer zu uns Weberinnen: „Weben kommt vom Herzen“, und „Dein Herz spiegelt sich im Gewebe“. Er lehrte mich nicht nur wie man webt, sondern auch die Einstellung dem Weben gegenüber.
Abreise aus Okayama
Anfang 1946 kehrte ich nach Okinawa zurück. Ich war in tiefem Zwiespalt deswegen. Die Firma hatte eine Menge Sachen für uns vorbereitet, wir konnten frei tun was wir wollten, wir erhielten eine Gehalt und es gab reichlich zu essen. Wir wohnten in einem Wohnheim und es fehlte uns an nicht. Daher verlies ich Okayama mit dem Gefühl, tief in der Schuld der Firma zu stehen. Eine große Anzahl Okinawaner, die in der Fabrik oder in der Nähe, in Okayama lebten, kamen zum Bahnhof von Kurashiki, um uns zu verabschieden. Auch Direktor Ohara, Herr Tonomura und die verschiedenen Abteilungsleiter waren unter ihnen. Im Moment unserer Abfahrt, sagten sie zu uns: „Wenn ihr wieder in Okinawa seid, möchte ich, dass ihr das Weben von Bashofu bewahrt und weiterführt“ Diese Worte erfüllte mich mit tiefer Dankbarkeit und ich verbeugte mich wieder und wieder, als ich mich verabschiedete. Ich bestieg ein Schiff in Ujina in Hiroshima und landete in Kubazaki.
Als ich Naha ankam, sah man soweit das Auge reichte nur verbrannte Erde. Ab und zu stand ein vereinzeltes Haus aus Zeltplanen. Ich bestieg einen LKW und fuhr in meine Heimat. Voller Nostalgie betrachtete ich dem Weg die Landschaft Okinawas, mit dem blauen Meer und den grünen Bergen.
Zurück in Kijoka
Zurück in Kijoka hatte sich vieles verändert. An der Küste reihten sich Zelte und strohgedeckte Hütten, während im Ortskern viele Häuser abgebrannt waren. Sowie ich unser Haus erreichte, wollte ich zu allererst vor dem buddhistischen Altar meine Hände zum Gebet falten, aber irgendetwas stimmte nicht. Die Ahnentafel, die immer dort gestanden hatte, war gegen eine ältere ausgetauscht worden. Wir hatten eine große Ahnentafel im chinesischen Stil besessen. Als ich meine Familie befragte erhielt ich zur Antwort, dass der Kommandeur der amerikanischen Einheit, die in der Grundschule untergebracht war, die Ahnentafel in seinem Zimmer als Schmuck aufgestellt hat. In den Wirren des Krieges sind viele Sachen, wie Dekorationsstücke für das Wohnzimmer oder die Sturmtüren, abhanden gekommen. Wir hatten unser Haus erst vor fünf Jahren neugebaut und eigentliche hätten die Sturmtüren da sein müssen, aber die neuen Sturmtüren waren entfernt und durch alte ersetzt worden. In unserem Hochschuppen stapelten sich aber noch viele Wertsachen, wie unser teures Lackgeschirr.
Die Wiederbelebung des Bashofu nach dem Krieg
Zu dieser Zeit arbeiteten viele der Dorfbewohner für das amerikanische Militär. Sie bestiegen Montagmorgen einen Armee Truck und kehrten erst am Sonnabend wieder zurück. Die Basho Plantagen waren alle verschwunden. Die Felder sollen Brutstätten der Mücken gewesen sein, die während des Krieges die Malaria übertragen haben und sind deshalb von den US-Truppen abgebrannt worden. Trotzdem zeigten sich bereits wieder die ersten Sprossen und die Bashostauden auf unserem Grundstück fingen wieder an zu wachsen. Da es keine großen Basho Plantagen mehr gab, konnten wir noch kein Bashofu weben. Ich träufelte Handschuhe oder Socken auf und benutzte das Garn zum weben. In den meisten Häusern war der Webstuhl und die die dazugehörigen Werkzeuge noch vorhanden. Unseren Webstuhl benutzte meine Tante.
Auch in unseren Hochschuppen gab es noch die Webwerkzeuge. Wir hatten früher Seidenraupen gezüchtet, daher fand sich auch noch eine Menge Seidengarn in der Decke des Schuppen. Meine Mutter benutze Baumwolle und das Seidengarn zum Weben von Stoffen. Ich dachte mir, dass sie nicht unbehandelt bleiben sollten und färbte sie mit verschiedenen Färbetechniken.
Wiederaufbau und Herausforderungen des Bashofu Weben
Durch einen Taifun, waren die Soko (Litzen) nass und unbrauchbar geworden und ich überlegte, wie ich selber welche herstellen könnte. Meine Tante hatte keine Ahnung wie man sie macht, aber sie gab mir eine von ihren. Diese Litze benutzte ich als Modell, um meine eigenen Litzen zu fertigen. Eines der benötigten Werkzeuge ist der Osa (Weberkamm). Der musste ebenfalls ersetzt werden. Dann waren da noch das Shinshi (Gerät zum Stoffspannen) und das Hi (Webschiffchen). Das Webschiffchen fertigte ich aus einem Schweineknochen. Auf diese Weise bekam ich irgendwie alle Sachen zusammen und konnte damit anfangen, mich im Weben von Bashofu zu versuchen.
Ich war zwar in der Lage Bashofu zu weben, konnte mich aber in keiner Weise mit den Veteranen unter den Webern messen. Ich gab nicht auf und webte schliesslich Stoffe, die auf Ausstellungen gezeigt wurden. Das Garn meiner Mutter färbte ich mit Sharinbai (eine Pflaumenart). Ich überlegte, wie ich das Weben von Bashofu beleben könnte und probierte verschiedene Webmethoden aus, um neue Stoffe herzustellen. Allmählich ging mir das Garn meiner Mutter aus. In Noha, einem Dorf in der Nähe von Kijoka, gab es ein Menge Basho Garn und ich bat darum, mich damit zu versorgen. Das aufgekaufte Garn benutzte ich, indem ich die gute Qualität zum Weben von Bashofu nahm und die mindere Qualität für mich selber verwendete. Zu dieser Zeit kostete selbst der ungemusterte Stoff für einen Kimono 600 B-Yen (US Militärwährung). Das notwendige Garn dafür knapp 200 Yen. Wenn ich genug Basho Garn hatte, webte ich daraus Hitoeobi (Kimonogürtel) für Männer. Aus den restlichen Fäden fertigten ich Untersetzer für Blumenvasen. So verbreitete sich die Anfertigung solcher Sachen unter den Bewohnern von Kijoka. Wir webten Kasuri-Obi und aus den übrig gebliebenen Stoffresten Noren-Vorhänge. Besonders beliebt waren bei den Amerikanern die Briefständer. Die Leute hörten von uns und kamen bis hierher. Wir waren in der Lage unsere Waren an einem Stand im Flughafen zu verkaufen. Das US Militär war damals im Ort Okuma in Kunigami stationiert. Aber es kamen auch Amerikaner von der Kadena Air Base zu uns. Ich bat die Einwohner von Kijoka für mich Aufträge zu übernehmen. Ich kalkulierte die benötigte Arbeitszeit anhand meines eigenen Arbeitstempo und habe die Leute dann danach bezahlt. Ich verkaufte die Stoffe selber 10 bis 20 Prozent teurer, als die Zwischenhändler bezahlten. Ich lernte alles über den Verkauf und die Festsetzung von Preisen und verhandelte auch die Standmieten, um den Leuten die in das Weben von Bashofu involviert waren, so viel wie möglich bezahlen zu können.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Ich glaube, dass die jungen Leute von heute gut ausgebildet sind. Über ein gutes Wissen verfügen und ein bestens ausgestattetes Umfeld haben. Deshalb möchte ich, dass sie nicht nur an sich selbst denken, sondern auch darüber, wie sie der Welt eine gute Arbeit hinterlassen und den Staffelstab an die nächste Generation weitergeben können.
1974 wurde „Kijoka Bashofu“ zum bedeutenden Kulturgut Japans erklärt. Danach wurde Frau Toshiko Taira zur Vorsitzenden der Vereinigung zur Bewahrung des Bashofu ernannt und widmete sich der Promotion des Bashofu und der Förderung zukünftiger Generationen. In Anerkennung ihrer Leistungen zur Bewahrung des bedeutenden Kulturguts Bashofu wurde sie im Jahr 2000 zum „Lebenden Nationalschatz Japans“ ernannt.