Kultivierung der Yaeyama Inseln, das Schicksal der taiwanischen Pioniere
Herr Nagamasa Shimada
Geburtsjahr:1944
Geburtsort:Ishigaki-jima
Einwanderung aus Taiwan mit der Familie
Ich wurde in Ohara auf der Insel Irimote geboren. Aufgewachsen bin ich in Takeda auf Ishigaki-jima, wo ich heute noch lebe. Mein Vater, Ryo Kenpuku (Chien-Fu Liao), wanderte 1937 von Taichung, Taiwan nach Ishigaki-jima aus. Er ging zuerst allein nach Ishigaki, aber er stand sehr schnell auf seinen eigenen Beinen und ließ seine Familie nachkommen. Als der Krieg begann, wurde die Familie nach Iriomote evakuiert und ich bin dort zur Welt gekommen. Gleich nach Kriegsende kehrte meine Familie nach Ishigaki zurück und baute in Nagura, dort wo heute die Zuckerverarbeitungsfabrik ist, Süßkartoffeln an. Mein Vater sah die Lebensmittelknappheit nach dem Krieg voraus, steigerte schnell seinen Kartoffelertrag und verdiente so eine Menge Geld.
Die Ananas Industrie auf Ishigaki-jima
Mit diesem Geld begann er mit dem Anbau von Ananas und baute eine Ananaskonservenfabrik. In unserem Haus wohnten immer mehrere Arbeiter. Etwa 20 Leute saßen an einem langen Tisch und aßen zusammen. Mein Vater hatte einen Grund, eine Ananaskonservenfabrik auf Ishigaki zu bauen. Im Jahr 1935 wurde eine Firma namens Daido Takushoku, mit taiwanesischen Geldern gründet. Der Verantwortliche der Firma, Herr Rin Patsu (Lin Fa), rekrutierte Arbeiter in Taiwan unter der Bedingung, dass sie in Ishigaki in der Landwirtschaft arbeiten würden. Die meisten dieser Leute konnten nicht lesen und schreiben, aber mein Vater hatte in Taiwan eine japanische Erziehung genossen. Das war ihm beim Bau der Ananasfabrik von großem Nutzen. Die Lebensumstände verbesserten sich schnell und er konnte seine Familie aus Taiwan nachholen. Er begann 1935 mit dem Anbau von Ananas und bereits 1938 konservierte er die ersten Früchte.
Die Ananas Industrie in der Krise
Im Jahr 1941 wurde die Ananasproduktion durch das japanische Militär verboten, weil sie als Luxusgüter eingestuft wurden. Es gab auch bald nicht mehr genug Metall für die Konserven und die Fabrik, die nun keine Dosen mehr liefern konnte, wurde von der kaiserlichen Armee als Kaserne genutzt. Die taiwanischen Immigranten begannen deshalb mit dem Anbau von Bananen, Erdnüssen und Tee. Weil die taiwanischen Leiter der Landwirtschaft ihren Ananas Anbau auf keinen Fall aufgeben wollten, sollen sie Setzlinge der verbotenen Frucht in den Bergen versteckt haben, damit sie nicht verloren gingen.
Der Grund, warum mein Vater nach dem Krieg aus Iriomote nach Ishigaki zurückging, war die Absicht Ananas anzupflanzen. Bereits vor seiner Evakuierung nach Iriomote, war mein Vater beauftragt worden, den Boden in Iriomote für die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern und vorzubereiten. Zu diesem Zweck reiste er mit drei Wasserbüffeln durch Iriomote. Einen der Büffel wollte er nach dem Krieg unbedingt mit zurück nach Ishigaki bringen und tauschte die zwei anderen mit einem Reeder für die Schiffspassage ein. Er benutze diesen Wasserbüffel, um in Nagura mit dem Süßkartoffelanbau zu beginnen.
Die Vertreibung der Taiwaner
Es war 1935 als die ersten Wasserbüffel aus Taiwan eingeführt wurden. Mein Vater erzählte uns,
dass die Einwohner von Ishigaki befürchteten, dass die Taiwaner mit ihrer Wasserbüffel-Landwirtschaft alles Ackerland der Insel übernehmen würden. 1937 begann der Boykott der Wasserbüffel. Aus Taiwan mitgebrachte Wasserbüffel durften nicht mehr an Land gebracht werden, mit der Begründung, dass sie keine Quarantäne durchlaufen hätten. Die Wasserbüffel und die Ananasfelder standen in der Kritik und es entstand eine Bewegung die Taiwaner zu vertreiben.
Als Japan 1945 besiegt worden war, wurden die Taiwanesischen Bewohner staatenlos und als Ausländer behandelt. Vor diesem politischen Hintergrund beschloss die Regierung der Yaeyama Inseln Maßnahmen, um die Taiwaner von ihrem fruchtbaren Land, welches sich so gut für die Landwirtschaft eignete zu vertreiben. Sie sollten in ein Gebiet umgesiedelt werden, in dem die Malaria grassierte. Mein Vater übernahm die Leitung bei der Umsetzung der Maßnahmen und der Umsiedlung. Er tat es, obwohl er und seine Familie, die zuvor als Japaner gelebt hatten, nun durch die Niederlage Japans im Krieg zu Ausländern geworden und ihre Staatsbürgerschaft und ihr Wahlrecht verloren hatten. Wenn sie wie zuvor, weiter als Pächter auf dem Land arbeiten würden, hätten sie auch in Zukunft keine Staatsbürgerschaft und keinen eigenen Besitz. Wenn sie aber das Land in Takeda, das der Stadt Ishigaki gehörte, pachten und kaufen könnten, würde das Land ihr eigenes Vermögen werden. Da er das für das Beste hielt, setzte mein Vater die Dinge in Bewegung, ergriff die Initiative, den Taiwanern die Situation zu erklären und Leute zu finden, die nach Takeda umziehen wollten.
Siegeszug gegen die Malaria
Ich habe so gut wie nicht gehört, dass ein einziger Taiwaner an Malaria gestorben ist. Es ist traurige Geschichte, dass viele Einwohner von Ishigaki während des Krieges für mehrere Monate an Orte in der Nähe von Takeda, wie zum Beispiel nach Shiramizu evakuiert wurden. Dort starben viele von ihnen an Malaria. Aber kein Taiwaner ist daran gestorben. Ich denke, es lag an der unterschiedlichen Ernährung. Die Taiwaner waren gut darin, sich mit Eiweiß zu versorgen. Neben der Landwirtschaft züchteten Schweine und Hühner und nutzten sie als Eiweißquelle. Sie fingen auch Aale und Weichschildkröten in den Flüssen und stellten Fallen für Wildschweine auf. Die Insel bot damals reichlich von diesen Eiweißquellen, aber die einheimischen Bewohner nutzten sie nicht wirklich. Ich glaube in der verschiedenen Esskultur, lag der Unterschied in der Resistenz der Taiwaner gegen die Malaria begründet.
Meine Familie bewirtschaftete eine Ananasplantage und eine Konservenfabrik und es lebten immer eine Menge Arbeiter bei uns. Die Arbeiter aus Ishigaki und Miyako erkrankten häufig an Malaria. Die Behörden propagierten eine Menge Maßnahmen zur Ausrottung der Malaria. Bis zum Ende meiner Grundschulzeit, wurden mithilfe der Vereinigten Staaten, Projekte zur Ausrottung der Krankheit in durchgeführt. Medikamente wurden verteilt, das Pestizid DDT versprüht und die Flüsse, aus denen die Moskitos kamen, sterilisiert. An Orten mit Malariapatienten wurden rote Fahnen gehisst, um die Menschen darauf hinzuweisen, dass es dort Erkrankte gab. Diese rote Malariaflagge wurde oft auf unserem Haus gehisst. Nach einer gewissen Zeit brachen die Erkrankten in Schüttelfrost aus. Damals starb aber niemand mehr an Malaria, aber Menschen, die aus anderen Orten in das betroffene Gebiet kamen, waren anfälliger.
Aufschwung nach dem Krieg und die Kolonisten
Die Landkultivierung in Nagura durch die Taiwaner begann im Jahr 1935. Es waren die Taiwaner, die die Reisfelder anlegten und die Dämme in der Nachbarschaft bauten. Obwohl sie 10 Jahre zusammen geschuftet hatten, um das Land für die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern, mussten sie, weil sie ausgesiedelt wurden, 1944 zurück nach Taiwan. Sie ließen das Land, das sie fast 10 Jahre kultiviert hatten in Nagura zurück und gingen nach Taiwan zurück.
Nach dem Krieg konnten sie nicht zurückkommen und auf die leeren Felder von Nagura zogen Immigranten aus Japan. Die Taiwaner hatten in Nagura gutes Ackerland kultiviert und hinterlassen, und die Immigranten ließen sich dort gerne nieder, weil es gewinnbringende Ananas- und Zuckerrohrplantagen gab. Die meisten Migranten kamen aus Miyako-jima, gefolgt von Umsiedlern aus Okinawa und verschiedenen anderen Orten wie Yonaguni. In den Schulen war es genauso, gefühlt kamen jeden Tag neue Schüler an unsere Grundschule. Einige von ihnen blieben bis zum Abschluss, aber viele verließen uns auch wieder. Leute kamen mit ihren Familien nach Nagura, errichteten Hütten und versuchten Arbeit zu finden. Letztendlich zogen sie weiter, weil ihnen die Arbeit oder die Lebensumstände nicht passten. In diesen Tagen sollen auch Kinder angeblich nach Itoman verkauft worden sein.
Die Grundschule, die nach Kriegsende in Takeda, Nagura gründet wurde, wuchs in fünf bis sechs Jahren auf 300 Schüler an. Es gab nicht annähernd genug Schulbücher oder Klassenräume. Deshalb versammelten sich ein- oder zweimal im Jahr die Eltern, um neue Gebäude für die Schule zu bauen und Brunnen zu graben. In den letzten Jahren meiner Grundschulzeit und während der Mittelschule bewirtschaftete die Schule eine große Farm. Wir arbeiteten jede Woche für mehrere Stunden auf dem Zuckerrohrfeld. Wir arbeiteten hart und bauten Zuckerrohr an, um für die Schule ein Klavier zu kaufen.
Ende der 40er bis in die 50er Jahrezogen viele Umsiedler in den Norden und Osten von Ishigaki-jima. Diese Leute wollten Ananas anbauen, aber sie hatten kein Geld für Setzlinge. Mein Vater hatte seinen Ananasertrag gesteigert und besaß zu dieser Zeit viele Setzlinge. Als Schüler der Junior High School verbrachte ich in den Sommerferien die Zeit nicht mit meinen Freunden, sondern zählte jeden Tag, von morgens bis abends, Setzlinge und verteilte sie an die Bauern. Mein Vater verlieh Setzlinge an Leute, die kein Geld hatten und wenn er nach der Ernte Setzlinge zurückbekam, verlieh er sie an den nächsten Bauer. Auf diese Art kam allerdings kein Bargeld in unser Haus. 1950 schlossen sich vier Ananas-Konservenfabriken zusammen, darunter die von Mr. Fa Lin und unsere eigene. Sie gründeten eine große Firma namens „Ryukyu Canned Foods“. Mit diesem Plan im Hinterkopf ließ mein Vater die Leute Ananas anbauen und versprach die ganze Ernte aufzukaufen. Mein Vater war der Fabrikleiter der Firma und pflanzte selber Ananas an. Er baute eine 250-Quadratmeter große Villa, die damals 1,2 Millionen Yen in Form von Typ-B-Militär-Yen kostete. Er plante, das Haus mit dem Geld aus dem Ananasanbau zu bezahlen, aber die Fabriken konnten den unerwartet gestiegenen Ertrag an Ananas nicht verarbeiten, und viele der Früchte verrotteten. Von seinem Standpunkt als Fabrikleiter aus konnte mein Vater nicht zuerst seine eigenen Ananas kaufen. Er ließ seine eigenen Ananas verrotten und warf sie alle weg. Da er weder mit den Setzlingen noch mit den Ananas Geld verdiente, trieb es unsere Familie letztendlich in den schnellen Bankrott.
Zeit als Staatenlose Person
In Sachen Staatsbürgerschaft wurde uns übel mitgespielt. Mein Vater kam vor dem Krieg als Japaner nach Ishigaki. Dann wurde Japan besiegt. Nach dem Krieg wurde er Ausländer und verlor seine Staatsbürgerschaft. Danach mussten wir immer unsere Aufenthaltsgenehmigungskarten bei uns tragen.
Ich kam zur Oberschule und schon im ersten Jahr wurde ich mehrere Male ausgewählt, unseren Landwirtschaftsklub außerhalb der Präfektur zu vertreten. Da ich keinen Reisepass besaß, wurde ich letzten Endes nie geschickt. Ich bin in Yaeyama geboren und war von Geburt an Japaner, aber das Inkrafttreten des Vertrages von San Francisco machte mich zum Nicht-Japaner. Obwohl ich die Oberschule für Land- und Forstwirtschaft abgeschlossen hatte, arbeite ich nur auf dem Feld, da der Besitz meines Vaters gepfändet worden war. Ich besaß keine japanische Staatsbürgerschaft, konnte deshalb keine staatlichen Fördergelder beantragen und keine Kredite aufnehmen. Dann war da noch die Sache mit dem Heiraten. Ich machte mir große Sorgen, dass wenn ich eine Japanerin heiratete, jedes geborene Kind am Ende unehelich sein würde.
Mein Vater hatte vor dem Krieg eine japanische Erziehung genossen und war sehr Pro-Japanisch eingestellt. Wir Kinder sollte nicht zurück nach Taiwan müssen, Deshalb war es seine oberste Priorität uns so schnell wie möglich einzubürgern. Es gab eine Zweigstelle des Justizministeriums in Naha. Mein Vater stritt mit ihnen hin und her wegen der Einbürgerungsdokumente, aber erst in meinem zweiten Jahr an der Oberschule wurden sie akzeptiert. Es waren nur fünf Familien, die einen Antrag auf Einbürgerung stellten. Uns wurde gesagt, dass wir, wenn wir eingebürgert werden wollten, eine Bescheinigung aus Taiwan bekommen müssten, die beweist, dass wir unsere Staatsbürgerschaft aufgegeben hatten. Aber da wir in Yaeyama geboren worden waren, hatten wir kein Familienregister in Taiwan Mein Vater betonte immer wieder: „Wir sind vor dem Krieg als Japaner nach Japan gekommen, dann hat Japan verloren und unsere Staatsbürgerschaft hat sich in Luft aufgelöst. Also nehmen sie diesen Antrag an, als ob wir staatenlos wären“, und unser Antrag auf Einbürgerung wurde angenommen.
Mein Vater sagte zu uns: „Ich habe keine lange Zeit mehr vor mir, deshalb lasse ich mich nicht einbürgern, aber ihr müsst euch einbürgern lassen“. Er trug meinen ältesten Bruder als Familienoberhaupt ein und reichte den Antrag auf Einbürgerung ein. Er stellte Anträge für alle, aber die Einbürgerungsanträge für mich, meine jüngere Schwester und meine drei jüngeren Brüder wurden abgelehnt. Wäre mein Vater als Familienoberhaupt eingetragen gewesen, hätten sich alle Kinder einbürgern lassen können, aber wir Minderjährigen konnten nicht eingebürgert werden, weil mein Bruder das Familienoberhaupt war. Als ich 20 wurde, beantragte ich sofort die Einbürgerung und erhielt sie innerhalb eines Jahres. Mein Kind wurde im September desselben Jahres geboren, aber meine Einbürgerung wurde im Juli kurz davor anerkannt. Wenn meine Einbürgerung nicht anerkannt worden wäre, wäre mein Kind unehelich geboren worden.
Die Nachkriegszeit aus der Sicht eines Taiwanischen Kolonisten
Es gab eine Vielfalt an Problemen. Es hieß, die Japaner seien Bürger erster Klasse, die Okinawaner zweiter Klasse und die Taiwaner dritter Klasse. Wir haben uns vor, während und nach dem Krieg übermäßig angestrengt. Die Taiwaner brachten die Ananasindustrie nach Japan, aber sowohl die Ananasindustrie als auch die Wasserbüffel wurden irgendwann boykottiert. In diesen Tagen war nichts Gutes daran, als Taiwaner zu leben. Trotzdem lieben wir diese Insel und leben hier. Diese Insel bot uns befriedigende Arbeit, sie ist alle Mühen wert und wir legten den Grundstein für unseren Erfolg hier. Wir hatten mehr Entbehrungen zu ertragen, als die Einheimischen, aber ich bin sehr froh und dankbar, dass es eine Belohnung für unsere Mühen gab.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Nach dem Krieg bauten wir in Takeda Ananas an und sogar Mangos. Wenn wir die vielen Früchte Taiwans auf der Insel Ishigaki-jima anpflanzen, können wir hier ein Obstbaum Paradies schaffen. Darum ist das Land in Yaeyama eine so wichtige Ressource. Ich finde, dass die heutige Regierung
die Landwirtschaft nicht genügend würdigt. In der heutigen Gesellschaft scheinen die Menschen den Frieden durch Abschreckung bewahren zu wollen. Aber ich glaube, dass es zur Erhaltung des Friedens wichtiger ist, mit den Menschen auszukommen, als sie zu bedrohen. Was die Welt jetzt braucht, ist ein Zeitalter in dem mehr geteilt und weniger gekämpft wird. Warum nutzen wir also statt der Abschreckung nicht die friedliche Diplomatie, um die Welt zu einem ruhigeren Ort zu machen. Das ist es, was ich mir von jungen Menschen wünsche, dass sie das verstehen.
Herr Schimadas Vater Ryo Kenpuku, wanderte in der Vorkriegszeit aus Taichung in Taiwan nach Yaeyama aus und errichtet die Basis für die Ananasindustrie. Als Abkömmling taiwanischer Einwanderer, in Ishigaki-jima geboren, konnte Herr Shimada nach einer Zeit der Staatenlosigkeit die japanische Staatsbürgerschaft erhalten. Seitdem hat Herr Shimada durch seine Verbindung nach Taiwan, fortschrittliche Anbautechniken auf die Yaeyama Inseln gebracht und widmete sich der Kultivierung des Obstanbaus.
Einwanderung aus Taiwan mit der Familie
Ich wurde in Ohara auf der Insel Irimote geboren. Aufgewachsen bin ich in Takeda auf Ishigaki-jima, wo ich heute noch lebe. Mein Vater, Ryo Kenpuku (Chien-Fu Liao), wanderte 1937 von Taichung, Taiwan nach Ishigaki-jima aus. Er ging zuerst allein nach Ishigaki, aber er stand sehr schnell auf seinen eigenen Beinen und ließ seine Familie nachkommen. Als der Krieg begann, wurde die Familie nach Iriomote evakuiert und ich bin dort zur Welt gekommen. Gleich nach Kriegsende kehrte meine Familie nach Ishigaki zurück und baute in Nagura, dort wo heute die Zuckerverarbeitungsfabrik ist, Süßkartoffeln an. Mein Vater sah die Lebensmittelknappheit nach dem Krieg voraus, steigerte schnell seinen Kartoffelertrag und verdiente so eine Menge Geld.
Die Ananas Industrie auf Ishigaki-jima
Mit diesem Geld begann er mit dem Anbau von Ananas und baute eine Ananaskonservenfabrik. In unserem Haus wohnten immer mehrere Arbeiter. Etwa 20 Leute saßen an einem langen Tisch und aßen zusammen. Mein Vater hatte einen Grund, eine Ananaskonservenfabrik auf Ishigaki zu bauen. Im Jahr 1935 wurde eine Firma namens Daido Takushoku, mit taiwanesischen Geldern gründet. Der Verantwortliche der Firma, Herr Rin Patsu (Lin Fa), rekrutierte Arbeiter in Taiwan unter der Bedingung, dass sie in Ishigaki in der Landwirtschaft arbeiten würden. Die meisten dieser Leute konnten nicht lesen und schreiben, aber mein Vater hatte in Taiwan eine japanische Erziehung genossen. Das war ihm beim Bau der Ananasfabrik von großem Nutzen. Die Lebensumstände verbesserten sich schnell und er konnte seine Familie aus Taiwan nachholen. Er begann 1935 mit dem Anbau von Ananas und bereits 1938 konservierte er die ersten Früchte.
Die Ananas Industrie in der Krise
Im Jahr 1941 wurde die Ananasproduktion durch das japanische Militär verboten, weil sie als Luxusgüter eingestuft wurden. Es gab auch bald nicht mehr genug Metall für die Konserven und die Fabrik, die nun keine Dosen mehr liefern konnte, wurde von der kaiserlichen Armee als Kaserne genutzt. Die taiwanischen Immigranten begannen deshalb mit dem Anbau von Bananen, Erdnüssen und Tee. Weil die taiwanischen Leiter der Landwirtschaft ihren Ananas Anbau auf keinen Fall aufgeben wollten, sollen sie Setzlinge der verbotenen Frucht in den Bergen versteckt haben, damit sie nicht verloren gingen.
Der Grund, warum mein Vater nach dem Krieg aus Iriomote nach Ishigaki zurückging, war die Absicht Ananas anzupflanzen. Bereits vor seiner Evakuierung nach Iriomote, war mein Vater beauftragt worden, den Boden in Iriomote für die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern und vorzubereiten. Zu diesem Zweck reiste er mit drei Wasserbüffeln durch Iriomote. Einen der Büffel wollte er nach dem Krieg unbedingt mit zurück nach Ishigaki bringen und tauschte die zwei anderen mit einem Reeder für die Schiffspassage ein. Er benutze diesen Wasserbüffel, um in Nagura mit dem Süßkartoffelanbau zu beginnen.
Die Vertreibung der Taiwaner
Es war 1935 als die ersten Wasserbüffel aus Taiwan eingeführt wurden. Mein Vater erzählte uns,
dass die Einwohner von Ishigaki befürchteten, dass die Taiwaner mit ihrer Wasserbüffel-Landwirtschaft alles Ackerland der Insel übernehmen würden. 1937 begann der Boykott der Wasserbüffel. Aus Taiwan mitgebrachte Wasserbüffel durften nicht mehr an Land gebracht werden, mit der Begründung, dass sie keine Quarantäne durchlaufen hätten. Die Wasserbüffel und die Ananasfelder standen in der Kritik und es entstand eine Bewegung die Taiwaner zu vertreiben.
Als Japan 1945 besiegt worden war, wurden die Taiwanesischen Bewohner staatenlos und als Ausländer behandelt. Vor diesem politischen Hintergrund beschloss die Regierung der Yaeyama Inseln Maßnahmen, um die Taiwaner von ihrem fruchtbaren Land, welches sich so gut für die Landwirtschaft eignete zu vertreiben. Sie sollten in ein Gebiet umgesiedelt werden, in dem die Malaria grassierte. Mein Vater übernahm die Leitung bei der Umsetzung der Maßnahmen und der Umsiedlung. Er tat es, obwohl er und seine Familie, die zuvor als Japaner gelebt hatten, nun durch die Niederlage Japans im Krieg zu Ausländern geworden und ihre Staatsbürgerschaft und ihr Wahlrecht verloren hatten. Wenn sie wie zuvor, weiter als Pächter auf dem Land arbeiten würden, hätten sie auch in Zukunft keine Staatsbürgerschaft und keinen eigenen Besitz. Wenn sie aber das Land in Takeda, das der Stadt Ishigaki gehörte, pachten und kaufen könnten, würde das Land ihr eigenes Vermögen werden. Da er das für das Beste hielt, setzte mein Vater die Dinge in Bewegung, ergriff die Initiative, den Taiwanern die Situation zu erklären und Leute zu finden, die nach Takeda umziehen wollten.
Siegeszug gegen die Malaria
Ich habe so gut wie nicht gehört, dass ein einziger Taiwaner an Malaria gestorben ist. Es ist traurige Geschichte, dass viele Einwohner von Ishigaki während des Krieges für mehrere Monate an Orte in der Nähe von Takeda, wie zum Beispiel nach Shiramizu evakuiert wurden. Dort starben viele von ihnen an Malaria. Aber kein Taiwaner ist daran gestorben. Ich denke, es lag an der unterschiedlichen Ernährung. Die Taiwaner waren gut darin, sich mit Eiweiß zu versorgen. Neben der Landwirtschaft züchteten Schweine und Hühner und nutzten sie als Eiweißquelle. Sie fingen auch Aale und Weichschildkröten in den Flüssen und stellten Fallen für Wildschweine auf. Die Insel bot damals reichlich von diesen Eiweißquellen, aber die einheimischen Bewohner nutzten sie nicht wirklich. Ich glaube in der verschiedenen Esskultur, lag der Unterschied in der Resistenz der Taiwaner gegen die Malaria begründet.
Meine Familie bewirtschaftete eine Ananasplantage und eine Konservenfabrik und es lebten immer eine Menge Arbeiter bei uns. Die Arbeiter aus Ishigaki und Miyako erkrankten häufig an Malaria. Die Behörden propagierten eine Menge Maßnahmen zur Ausrottung der Malaria. Bis zum Ende meiner Grundschulzeit, wurden mithilfe der Vereinigten Staaten, Projekte zur Ausrottung der Krankheit in durchgeführt. Medikamente wurden verteilt, das Pestizid DDT versprüht und die Flüsse, aus denen die Moskitos kamen, sterilisiert. An Orten mit Malariapatienten wurden rote Fahnen gehisst, um die Menschen darauf hinzuweisen, dass es dort Erkrankte gab. Diese rote Malariaflagge wurde oft auf unserem Haus gehisst. Nach einer gewissen Zeit brachen die Erkrankten in Schüttelfrost aus. Damals starb aber niemand mehr an Malaria, aber Menschen, die aus anderen Orten in das betroffene Gebiet kamen, waren anfälliger.
Aufschwung nach dem Krieg und die Kolonisten
Die Landkultivierung in Nagura durch die Taiwaner begann im Jahr 1935. Es waren die Taiwaner, die die Reisfelder anlegten und die Dämme in der Nachbarschaft bauten. Obwohl sie 10 Jahre zusammen geschuftet hatten, um das Land für die landwirtschaftliche Produktion zu verbessern, mussten sie, weil sie ausgesiedelt wurden, 1944 zurück nach Taiwan. Sie ließen das Land, das sie fast 10 Jahre kultiviert hatten in Nagura zurück und gingen nach Taiwan zurück.
Nach dem Krieg konnten sie nicht zurückkommen und auf die leeren Felder von Nagura zogen Immigranten aus Japan. Die Taiwaner hatten in Nagura gutes Ackerland kultiviert und hinterlassen, und die Immigranten ließen sich dort gerne nieder, weil es gewinnbringende Ananas- und Zuckerrohrplantagen gab. Die meisten Migranten kamen aus Miyako-jima, gefolgt von Umsiedlern aus Okinawa und verschiedenen anderen Orten wie Yonaguni. In den Schulen war es genauso, gefühlt kamen jeden Tag neue Schüler an unsere Grundschule. Einige von ihnen blieben bis zum Abschluss, aber viele verließen uns auch wieder. Leute kamen mit ihren Familien nach Nagura, errichteten Hütten und versuchten Arbeit zu finden. Letztendlich zogen sie weiter, weil ihnen die Arbeit oder die Lebensumstände nicht passten. In diesen Tagen sollen auch Kinder angeblich nach Itoman verkauft worden sein.
Die Grundschule, die nach Kriegsende in Takeda, Nagura gründet wurde, wuchs in fünf bis sechs Jahren auf 300 Schüler an. Es gab nicht annähernd genug Schulbücher oder Klassenräume. Deshalb versammelten sich ein- oder zweimal im Jahr die Eltern, um neue Gebäude für die Schule zu bauen und Brunnen zu graben. In den letzten Jahren meiner Grundschulzeit und während der Mittelschule bewirtschaftete die Schule eine große Farm. Wir arbeiteten jede Woche für mehrere Stunden auf dem Zuckerrohrfeld. Wir arbeiteten hart und bauten Zuckerrohr an, um für die Schule ein Klavier zu kaufen.
Ende der 40er bis in die 50er Jahrezogen viele Umsiedler in den Norden und Osten von Ishigaki-jima. Diese Leute wollten Ananas anbauen, aber sie hatten kein Geld für Setzlinge. Mein Vater hatte seinen Ananasertrag gesteigert und besaß zu dieser Zeit viele Setzlinge. Als Schüler der Junior High School verbrachte ich in den Sommerferien die Zeit nicht mit meinen Freunden, sondern zählte jeden Tag, von morgens bis abends, Setzlinge und verteilte sie an die Bauern. Mein Vater verlieh Setzlinge an Leute, die kein Geld hatten und wenn er nach der Ernte Setzlinge zurückbekam, verlieh er sie an den nächsten Bauer. Auf diese Art kam allerdings kein Bargeld in unser Haus. 1950 schlossen sich vier Ananas-Konservenfabriken zusammen, darunter die von Mr. Fa Lin und unsere eigene. Sie gründeten eine große Firma namens „Ryukyu Canned Foods“. Mit diesem Plan im Hinterkopf ließ mein Vater die Leute Ananas anbauen und versprach die ganze Ernte aufzukaufen. Mein Vater war der Fabrikleiter der Firma und pflanzte selber Ananas an. Er baute eine 250-Quadratmeter große Villa, die damals 1,2 Millionen Yen in Form von Typ-B-Militär-Yen kostete. Er plante, das Haus mit dem Geld aus dem Ananasanbau zu bezahlen, aber die Fabriken konnten den unerwartet gestiegenen Ertrag an Ananas nicht verarbeiten, und viele der Früchte verrotteten. Von seinem Standpunkt als Fabrikleiter aus konnte mein Vater nicht zuerst seine eigenen Ananas kaufen. Er ließ seine eigenen Ananas verrotten und warf sie alle weg. Da er weder mit den Setzlingen noch mit den Ananas Geld verdiente, trieb es unsere Familie letztendlich in den schnellen Bankrott.
Zeit als Staatenlose Person
In Sachen Staatsbürgerschaft wurde uns übel mitgespielt. Mein Vater kam vor dem Krieg als Japaner nach Ishigaki. Dann wurde Japan besiegt. Nach dem Krieg wurde er Ausländer und verlor seine Staatsbürgerschaft. Danach mussten wir immer unsere Aufenthaltsgenehmigungskarten bei uns tragen.
Ich kam zur Oberschule und schon im ersten Jahr wurde ich mehrere Male ausgewählt, unseren Landwirtschaftsklub außerhalb der Präfektur zu vertreten. Da ich keinen Reisepass besaß, wurde ich letzten Endes nie geschickt. Ich bin in Yaeyama geboren und war von Geburt an Japaner, aber das Inkrafttreten des Vertrages von San Francisco machte mich zum Nicht-Japaner. Obwohl ich die Oberschule für Land- und Forstwirtschaft abgeschlossen hatte, arbeite ich nur auf dem Feld, da der Besitz meines Vaters gepfändet worden war. Ich besaß keine japanische Staatsbürgerschaft, konnte deshalb keine staatlichen Fördergelder beantragen und keine Kredite aufnehmen. Dann war da noch die Sache mit dem Heiraten. Ich machte mir große Sorgen, dass wenn ich eine Japanerin heiratete, jedes geborene Kind am Ende unehelich sein würde.
Mein Vater hatte vor dem Krieg eine japanische Erziehung genossen und war sehr Pro-Japanisch eingestellt. Wir Kinder sollte nicht zurück nach Taiwan müssen, Deshalb war es seine oberste Priorität uns so schnell wie möglich einzubürgern. Es gab eine Zweigstelle des Justizministeriums in Naha. Mein Vater stritt mit ihnen hin und her wegen der Einbürgerungsdokumente, aber erst in meinem zweiten Jahr an der Oberschule wurden sie akzeptiert. Es waren nur fünf Familien, die einen Antrag auf Einbürgerung stellten. Uns wurde gesagt, dass wir, wenn wir eingebürgert werden wollten, eine Bescheinigung aus Taiwan bekommen müssten, die beweist, dass wir unsere Staatsbürgerschaft aufgegeben hatten. Aber da wir in Yaeyama geboren worden waren, hatten wir kein Familienregister in Taiwan Mein Vater betonte immer wieder: „Wir sind vor dem Krieg als Japaner nach Japan gekommen, dann hat Japan verloren und unsere Staatsbürgerschaft hat sich in Luft aufgelöst. Also nehmen sie diesen Antrag an, als ob wir staatenlos wären“, und unser Antrag auf Einbürgerung wurde angenommen.
Mein Vater sagte zu uns: „Ich habe keine lange Zeit mehr vor mir, deshalb lasse ich mich nicht einbürgern, aber ihr müsst euch einbürgern lassen“. Er trug meinen ältesten Bruder als Familienoberhaupt ein und reichte den Antrag auf Einbürgerung ein. Er stellte Anträge für alle, aber die Einbürgerungsanträge für mich, meine jüngere Schwester und meine drei jüngeren Brüder wurden abgelehnt. Wäre mein Vater als Familienoberhaupt eingetragen gewesen, hätten sich alle Kinder einbürgern lassen können, aber wir Minderjährigen konnten nicht eingebürgert werden, weil mein Bruder das Familienoberhaupt war. Als ich 20 wurde, beantragte ich sofort die Einbürgerung und erhielt sie innerhalb eines Jahres. Mein Kind wurde im September desselben Jahres geboren, aber meine Einbürgerung wurde im Juli kurz davor anerkannt. Wenn meine Einbürgerung nicht anerkannt worden wäre, wäre mein Kind unehelich geboren worden.
Die Nachkriegszeit aus der Sicht eines Taiwanischen Kolonisten
Es gab eine Vielfalt an Problemen. Es hieß, die Japaner seien Bürger erster Klasse, die Okinawaner zweiter Klasse und die Taiwaner dritter Klasse. Wir haben uns vor, während und nach dem Krieg übermäßig angestrengt. Die Taiwaner brachten die Ananasindustrie nach Japan, aber sowohl die Ananasindustrie als auch die Wasserbüffel wurden irgendwann boykottiert. In diesen Tagen war nichts Gutes daran, als Taiwaner zu leben. Trotzdem lieben wir diese Insel und leben hier. Diese Insel bot uns befriedigende Arbeit, sie ist alle Mühen wert und wir legten den Grundstein für unseren Erfolg hier. Wir hatten mehr Entbehrungen zu ertragen, als die Einheimischen, aber ich bin sehr froh und dankbar, dass es eine Belohnung für unsere Mühen gab.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Nach dem Krieg bauten wir in Takeda Ananas an und sogar Mangos. Wenn wir die vielen Früchte Taiwans auf der Insel Ishigaki-jima anpflanzen, können wir hier ein Obstbaum Paradies schaffen. Darum ist das Land in Yaeyama eine so wichtige Ressource. Ich finde, dass die heutige Regierung
die Landwirtschaft nicht genügend würdigt. In der heutigen Gesellschaft scheinen die Menschen den Frieden durch Abschreckung bewahren zu wollen. Aber ich glaube, dass es zur Erhaltung des Friedens wichtiger ist, mit den Menschen auszukommen, als sie zu bedrohen. Was die Welt jetzt braucht, ist ein Zeitalter in dem mehr geteilt und weniger gekämpft wird. Warum nutzen wir also statt der Abschreckung nicht die friedliche Diplomatie, um die Welt zu einem ruhigeren Ort zu machen. Das ist es, was ich mir von jungen Menschen wünsche, dass sie das verstehen.
Herr Schimadas Vater Ryo Kenpuku, wanderte in der Vorkriegszeit aus Taichung in Taiwan nach Yaeyama aus und errichtet die Basis für die Ananasindustrie. Als Abkömmling taiwanischer Einwanderer, in Ishigaki-jima geboren, konnte Herr Shimada nach einer Zeit der Staatenlosigkeit die japanische Staatsbürgerschaft erhalten. Seitdem hat Herr Shimada durch seine Verbindung nach Taiwan, fortschrittliche Anbautechniken auf die Yaeyama Inseln gebracht und widmete sich der Kultivierung des Obstanbaus.