Mit dem Meer zusammen, durch die Nachkriegszeit
Herr Hideo Nakamura
Geburtsjahr:1929
Geburtsort:Motobu
Luftangriff vom 10. Oktober, Rettung der Besatzung eines gesunkenen Schlachtschiffes
Im Juli 1944 bestand ich die Abschlussprüfung für das Marinefliegerkadettenprogramm und wartete auf meine Einberufung in den Tagen um den 10. Oktober. Am 10. Oktober wurde das japanische Kriegsschiff „Jingei“ in der Nähe meines Heimatortes Motobu bombardiert. An diesem Tag war ich mit meinem Freund zum Angeln mit unserem Sabani (traditionelles Holzboot) unterwegs. Als wir an der Jingei vorbeifuhren, warf ein amerikanisches Flugzeug ein größere Anzahl Bomben auf das Kriegsschiff ab. Die Umgebung des Kriegsschiffs war mit dem auslaufenden Treibstoff bedeckt. Die Besatzung des Schiffes sprang ins Wasser und versuchte zu entkommen. Ich sah einen erschöpften, verwundeten Soldaten. Ich wunderte mich, dass er als Matrose nicht schwimmen konnte. Ich dachte, dass bei der Marine jeder schwimmen konnte. Als mein Freund und ich ihn aus dem Wasser zogen, sahen wir, dass er am Bein verletzt war.
Mit dem Bergen der Leichen beauftragt
In dieser Woche wurden gleich zwei japanische Kriegsschiffe bombardiert und überall trieben die Leichen gefallener Marinesoldaten im Meer. Die Polizei befahl uns die Leichen zu bergen. Es gab den Brauch in der Marine das Schiff zusammen mit seinen Gefallenen auf hoher See zu versenken.Es gab keine Einäscherung für die Matrosen. Ich fand das damals sehr bemitleidenswert. Während der dramatischen Ereignisse am 10. Oktober, brannten die Kriegsschiffe noch 5 Tage nach der Bombardierung.
Einberufung aufs Festland als Fliegerkadett
Zu dieser Zeit wurde ich 15 Jahre alt. Da ich zum Marinefliegerkadettenprogramm gehen würde, wurde ich nicht zum Militärdienst herangezogen, aber ich erhielt den Befehl auf einer Wachstation in den Bergen Wache zu halten. Dort diente ich bis zum 19.Oktober. Am 1. März 1945 erhielt ich meinen Einstellungsbefehl zum Tsuchiura Marineflieger Stützpunkt in Ibaraki auf dem japanischen Festland. Leichte Kleidung, kurze Hosen und barfuß, so war das Leben damals in Okinawa. Ich hatte keine Ahnung wie kalt es auf dem Festland ist.
Ich wurde mit dem Lastwagen von Motobu nach Naha gebracht. Hier begann mein Leben als Fliegerkadett. Nachdem unser Schiff in Sasebo in Nagasaki angekommen war, ging es mit der Dampfeisenbahn weiter nach Nara. Die dritte Prüfung für das Kadettenprogramm als Marineflieger fand in Nara statt. Zwei Prüflinge aus Okinawa bestanden die Prüfung nicht. Wer die dritte Prüfung bestanden hatte, wurde nach Koya-san in Wakayama geschickt, um dort in einem Tempel zu trainieren, da der Tsuchiura Marinefliegerstützpunkt bereits durch einen Bombenangriff abgebrannt war. Es hieß zwar Ausbildung, aber wir hatten weder Flugzeuge noch Treibstoff. Während unseres dreimonatigen Trainings teilte uns der Gruppenführer mit, das wir höchstwahrscheinlich mit Kamikaze Flügen beauftragt werden. Wir zogen an die Küste von Wakayama, nach Shionomisaki, um auf unseren Einsatz zu warten. Für zwei Monaten waren in der Mitte vom Nirgendwo in Privathäusern untergebracht. Während wir auf unseren Selbstmordeinsatz warteten, ging der Krieg zu Ende.
Nach dem Kriegsende
Nach dem Kriegsende blieb ich für eine Weile in Kumamoto. Dort verrichtete ich sehr gefährliche Arbeit. Ich transportierte Kohle und andere Materialien aus Shimabara in Nagasaki oder aus der Gegend um Amakusa und brachte sie zu einer Firma in Minamata in Kumamoto. Ich arbeite für die SANSEI AG, eine Reederei. Ich blieb dort etwa anderthalb Jahre. Von einem älteren Kollegen erhielt ich die Information, dass wir wieder nach Okinawa zurück dürfen. Wir kehrten dann gemeinsam über das Omura Internierungslager in Nagasaki zurück nach Okinawa.
Das Leben nach der Heimkehr
In Okinawa angekommen, war meine Heimatstadt Motobu vollständig abgebrannt. Das Rathaus und die Polizeistation in der Mitte der Stadt waren verschwunden. Nichts war übrig geblieben. Das heutige Rathaus ist dort, wo früher die Grundschule stand. Auch die Grundschule war im Krieg vollständig zerstört worden.
Als ich zwei Jahre nach Kriegsende nach Okinawa zurückkehrte, arbeiteten meine älteren Brüder auf Katsuo (Bonito) Schiffen als Fischer. Mein Arbeit war es, die Köder für die Fische zu besorgen. Im Winter fuhren die Katsuo Schiffe allerdings nicht aus und wir fragten uns, wo von wir in den Wintermonaten leben sollten. Einer der Älteren meinte, wir sollen unsere Netze nehmen und mit den Sabani Fische fangen. Um die Motobu Halbinsel herum gab es nur wenig Fische. Wir fuhren zu sechst mit unseren kleinen Holzbooten bis nach Hedona in Ogimi. Dort übernachteten wir in einem Dorf namens Hama und fingen an zu Fischen. Unseren Fang tauschten wir gegen Reis und nach etwa einer Woche fuhren wir zurück nach Motobu. Dann bestellte einer meiner Brüder ein Boot im Nachbardorf, wo es gebaut wurde. Er übernahm die Verantwortung und wir fischten zu sechst. Ich war zu dieser Zeit 19 Jahre alt und meine fünf Brüder bereits in ihren Dreißigern.
Seit dem fuhren wir immer, wenn der Nordwind blies mit dem Boot von Motobu nach Kyoda in Nago. Von dort trugen wir das Boot über die Berge nach Katabaru in Ginoza. Wir zogen von der Westküste zur Ostküste Okinawas, um dort zu fischen. Zuerst übernachteten wir im Dorf Matsuda. Eine Woche lang haben wir das Meer beobachtet. Das nächste Mal übernachteten wir in Henoko, Nago. Vor dem Hafen von Henoko gab es viele Fische. In Henoko bauten die Leute viel Reis an und so liefen wir mit unserem Fang durch das Dorf und tauschten unsere Fische gegen Reis. Es war ein reiner Warenaustausch ohne Geld. Auf dem Hin- und Rückweg trugen wir unser Gepäck zu Fuß über die Berge. Wir füllten den Reis in Sanitätstaschen des amerikanischen Militärs. Eine muss so um die 70 Kilogramm schwer gewesen sein. Wenn wir zu sechst die Taschen gefüllt hatten, machten wir uns auf den Weg zurück nach Motobu. Zuerst mit dem Reis über die Berge bis nach Kyoda. Dann ging es wieder zurück nach Henoko, um das Boot und unser Gepäck zu holen. Hin und zurück überquerten wir die Berge insgesamt sechsmal auf dem Rückweg.
Wehte der Wind aus dem Süden, fuhren wir zur Shioya Bucht in Ogimi und von dort mit dem Boot den Okawa Fluss hinauf, um wieder die Berge von der Westküste zur Ostküste zu überqueren. Dort fischten wir in Kawada in Higashi-son und kehrten auf dem gleichen Weg wieder zurück nach Motobu. So sah unser Leben aus. Zu diesem Zeitpunkt überlegten meine Brüder, ob man nicht an unserem Sabani einen Motor anbringen könnte. Alle hielten da für eine gute Idee. Ich wusste, dass es in Ie-jima jede Menge zurückgelassene Motoren der Amerikaner gab, die sich für den Anbau am Sabani eignen würden. Es war gerade erst wieder erlaubt worden, Ie-jima zu betreten.
Die LCT Schiff Explosion auf Ie-jima
Es war der 6. August 1948 als ich mit einem Schiff nach Ie-jima übersetzte. Am Pier des Hafens lag bereits ein amerikanisches LCT Schiff. (Panzertransportschiff) Neben dem LCT Schiff legte unser Schiff an. In diesem Moment kam ein mit einer Ladung Munition beladener Lastwagen und explodierte plötzlich. Bei der riesigen Detonation kamen 107 Leute ums Leben. Es war ein heißer Tag gewesen und ich war als erster von der Fähre gegangen. Ich lief auf die anderer Seite der Straße vor dem Hafen. Das mir das Leben gerettet hat. In jenen Tagen suchten die Bewohner von Okinawa, nach den sterblichen Überresten ihrer im Krieg gefallen Angehörigen in Ie-jima. Und umgekehrt, Bewohner aus Iejima suchten nach den Überresten ihrer Angehörigen, die im Süden Okinawa gestorben waren. Viele Familienmitglieder hatten sich deshalb versammelt.
Am Tag nach der Explosion, kamen meine Brüder mit dem Sabani nach Ie-jima, um nach mir zu suchen. Es existierte damals noch keine feste Fährverbindung nach Ie-Jima. Als meine Brüder mich fanden, lief ich verwirrt am Strand hin und her. Sie riefen suchend nach mir, ob ich noch am Leben sei. Die Explosion hatte alle getötet und überall lagen zerfetzte Leichen am Strand. Das war so ein traumatisches Erlebnis für mich, dass ich lange Zeit nicht einmal mit meiner Familie darüber reden konnte. Nicht, dass ich für einen Kamikazeflug eingeteilt war und nicht, dass ich bei der Explosion in Ie-jima dabei war. Nicht ein einziges Mal habe ich davon erzählt.
Nachkriegs Agiyaa Fischerei
Wenn man Gurukun (beliebter Speisefisch Okinawas) fängt, heißt das heute oikomi (Treibfischerei), wir nannten es damals Agiyaa. Agiyaa bedeutete, dass wir die Fische vom Meeresboden in seichtes Ufergewässer trieben. Das bedeutet Agiyaa. Diese Art von Treibfischerei wurde nur im Winter durchgeführt. Die Wassertemperatur beträgt 17 bis 18 Grad Celsius. Ohne Hosen sprangen wir in das kalte Wasser, nasse Hosen fühlten sich noch kälter an. Auch wir sechs Brüder steigen nackt ins Wasser zur Agiya.
Wir hatten reichlich zu essen und sogar Reis auf dem Esstisch. Woanders hatten sie Mühe überhaupt Süßkartoffeln in die Hände bekommen. Ansonsten aßen wir, was uns von der amerikanischen Armee zugeteilt wurde. Für etwa zwei Jahre war ich der Laufbursche für alle. Der Altersunterschied zu meinen Brüdern betrug mehr als 10 Jahre und ich musste das Frühstück und das Abendessen für alle zubereiten. Um den gefangenen Fisch zu verkaufen, musste ich schwer tragen. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und nachdem ich es gut zwei Jahre ertragen habe, ging ich um für das amerikanische Militär zu arbeiten.
Arbeit für das US Militär und „Senka“
Ich arbeitete als Quartiermeister im Depot in Tongan im heutigen Uruma. Mein Gehalt betrug 150 bis 250 B-Yen, die damalige Militärwährung. Damals grassierte das sogenannte „Senka“, Kriegsbeute machen. Das bedeutete das Stehlen von Waren aus den amerikanischen Militärstützpunkten. Aus den Depots der amerikanischen Armee wurden Konservendosen und andere Dinge gestohlen und auf dem Schwarzmarkt in Ishikawa verkauft. Mit dem Geld kehrten die Leute dann in ihre Heimatdörfer zurück. Es wurden auch Decken, Hosen und sogar Uhren als „Senka“ gestohlen. Ebenso wie Zigaretten und vieles mehr. Es war nicht leicht etwas aus den Depots zu stehlen, es dann zu verstecken und aus dem Camp zu schmuggeln. So war das damals, die Arbeit beim Militär.
Während meiner Zeit auf dem amerikanischen Militärfuhrpark, bekam jeder, der mit einem amerikanischen Wagen 10 Meter geradeaus fahren konnte sofort einen Führerschein. Die Führerscheine hatten keine Passbilder. Als die ersten Linienbusse in Okinawa fuhren, besorgte ich den ersten 10 Busfahrern in Okinawa ihre Führerscheine. Für ein Stück Inari-Sushi, baten sie mich ihnen einen Führerschein zu besorgen. Sie sagten mir, wie sich ihr Name auf Englisch schrieb und ich beantragte unter ihrem Namen, anstelle meines eigenen die Führerscheine für sie.
Arbeit als Berufstaucher
Nach der Anstellung beim Militär arbeitete ich im Hafen von Naha. Wenn Schiffe aus dem Ausland eintrafen, tauchte ich und überprüfte die Schrauben und Bilgenpumpen. Diese Arbeit machte ich etwa drei Jahre. Damals brauchte man noch keine besondere Lizenz dafür. Vor allem untersuchte ich, ob die Schrauben in Ordnung waren. Weil Okinawa immer noch unter amerikanischer Verwaltung lag, konnten die Professoren und Forscher der Tokyo Universität oder der Tokai Universität nicht frei hier herkommen und ich erhielt Aufträge für die Fischforschung und Unterwasseruntersuchungen. Ich gründete eine Tauchfirma und begann Aufträge anzunehmen. So fing ich an für mich selbst zu arbeiten.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Das wichtigste, was ich den jungen Leuten mitteilen möchte. Denkt zuerst einmal darüber nach, warum Kriege entstehen. Selbst Geschwisterstreit ist bereits eine Art von Krieg. Geschwister sollten nicht miteinander streiten. Und ich denke wir müssen den Kindern beibringen, im Garten oder auch nur in einem Blumentopf, für sich selbst Zwiebeln oder Gemüse anzubauen, damit sie lernen, wie man sich selbst versorgen kann. Solche Fähigkeiten sollten wir den Kindern beibringen.
Herr Hideo Nakamura hat in fast allen Gewässern Okinawas getaucht. Für die Bergung gesunkener Schiffe,bei der Schiffsrettung und für die Ozeanforschung. Er vertrat Japan bei den Weltmeisterschaften im Tauchen und belegte den dritten Platz.
Luftangriff vom 10. Oktober, Rettung der Besatzung eines gesunkenen Schlachtschiffes
Im Juli 1944 bestand ich die Abschlussprüfung für das Marinefliegerkadettenprogramm und wartete auf meine Einberufung in den Tagen um den 10. Oktober. Am 10. Oktober wurde das japanische Kriegsschiff „Jingei“ in der Nähe meines Heimatortes Motobu bombardiert. An diesem Tag war ich mit meinem Freund zum Angeln mit unserem Sabani (traditionelles Holzboot) unterwegs. Als wir an der Jingei vorbeifuhren, warf ein amerikanisches Flugzeug ein größere Anzahl Bomben auf das Kriegsschiff ab. Die Umgebung des Kriegsschiffs war mit dem auslaufenden Treibstoff bedeckt. Die Besatzung des Schiffes sprang ins Wasser und versuchte zu entkommen. Ich sah einen erschöpften, verwundeten Soldaten. Ich wunderte mich, dass er als Matrose nicht schwimmen konnte. Ich dachte, dass bei der Marine jeder schwimmen konnte. Als mein Freund und ich ihn aus dem Wasser zogen, sahen wir, dass er am Bein verletzt war.
Mit dem Bergen der Leichen beauftragt
In dieser Woche wurden gleich zwei japanische Kriegsschiffe bombardiert und überall trieben die Leichen gefallener Marinesoldaten im Meer. Die Polizei befahl uns die Leichen zu bergen. Es gab den Brauch in der Marine das Schiff zusammen mit seinen Gefallenen auf hoher See zu versenken.Es gab keine Einäscherung für die Matrosen. Ich fand das damals sehr bemitleidenswert. Während der dramatischen Ereignisse am 10. Oktober, brannten die Kriegsschiffe noch 5 Tage nach der Bombardierung.
Einberufung aufs Festland als Fliegerkadett
Zu dieser Zeit wurde ich 15 Jahre alt. Da ich zum Marinefliegerkadettenprogramm gehen würde, wurde ich nicht zum Militärdienst herangezogen, aber ich erhielt den Befehl auf einer Wachstation in den Bergen Wache zu halten. Dort diente ich bis zum 19.Oktober. Am 1. März 1945 erhielt ich meinen Einstellungsbefehl zum Tsuchiura Marineflieger Stützpunkt in Ibaraki auf dem japanischen Festland. Leichte Kleidung, kurze Hosen und barfuß, so war das Leben damals in Okinawa. Ich hatte keine Ahnung wie kalt es auf dem Festland ist.
Ich wurde mit dem Lastwagen von Motobu nach Naha gebracht. Hier begann mein Leben als Fliegerkadett. Nachdem unser Schiff in Sasebo in Nagasaki angekommen war, ging es mit der Dampfeisenbahn weiter nach Nara. Die dritte Prüfung für das Kadettenprogramm als Marineflieger fand in Nara statt. Zwei Prüflinge aus Okinawa bestanden die Prüfung nicht. Wer die dritte Prüfung bestanden hatte, wurde nach Koya-san in Wakayama geschickt, um dort in einem Tempel zu trainieren, da der Tsuchiura Marinefliegerstützpunkt bereits durch einen Bombenangriff abgebrannt war. Es hieß zwar Ausbildung, aber wir hatten weder Flugzeuge noch Treibstoff. Während unseres dreimonatigen Trainings teilte uns der Gruppenführer mit, das wir höchstwahrscheinlich mit Kamikaze Flügen beauftragt werden. Wir zogen an die Küste von Wakayama, nach Shionomisaki, um auf unseren Einsatz zu warten. Für zwei Monaten waren in der Mitte vom Nirgendwo in Privathäusern untergebracht. Während wir auf unseren Selbstmordeinsatz warteten, ging der Krieg zu Ende.
Nach dem Kriegsende
Nach dem Kriegsende blieb ich für eine Weile in Kumamoto. Dort verrichtete ich sehr gefährliche Arbeit. Ich transportierte Kohle und andere Materialien aus Shimabara in Nagasaki oder aus der Gegend um Amakusa und brachte sie zu einer Firma in Minamata in Kumamoto. Ich arbeite für die SANSEI AG, eine Reederei. Ich blieb dort etwa anderthalb Jahre. Von einem älteren Kollegen erhielt ich die Information, dass wir wieder nach Okinawa zurück dürfen. Wir kehrten dann gemeinsam über das Omura Internierungslager in Nagasaki zurück nach Okinawa.
Das Leben nach der Heimkehr
In Okinawa angekommen, war meine Heimatstadt Motobu vollständig abgebrannt. Das Rathaus und die Polizeistation in der Mitte der Stadt waren verschwunden. Nichts war übrig geblieben. Das heutige Rathaus ist dort, wo früher die Grundschule stand. Auch die Grundschule war im Krieg vollständig zerstört worden.
Als ich zwei Jahre nach Kriegsende nach Okinawa zurückkehrte, arbeiteten meine älteren Brüder auf Katsuo (Bonito) Schiffen als Fischer. Mein Arbeit war es, die Köder für die Fische zu besorgen. Im Winter fuhren die Katsuo Schiffe allerdings nicht aus und wir fragten uns, wo von wir in den Wintermonaten leben sollten. Einer der Älteren meinte, wir sollen unsere Netze nehmen und mit den Sabani Fische fangen. Um die Motobu Halbinsel herum gab es nur wenig Fische. Wir fuhren zu sechst mit unseren kleinen Holzbooten bis nach Hedona in Ogimi. Dort übernachteten wir in einem Dorf namens Hama und fingen an zu Fischen. Unseren Fang tauschten wir gegen Reis und nach etwa einer Woche fuhren wir zurück nach Motobu. Dann bestellte einer meiner Brüder ein Boot im Nachbardorf, wo es gebaut wurde. Er übernahm die Verantwortung und wir fischten zu sechst. Ich war zu dieser Zeit 19 Jahre alt und meine fünf Brüder bereits in ihren Dreißigern.
Seit dem fuhren wir immer, wenn der Nordwind blies mit dem Boot von Motobu nach Kyoda in Nago. Von dort trugen wir das Boot über die Berge nach Katabaru in Ginoza. Wir zogen von der Westküste zur Ostküste Okinawas, um dort zu fischen. Zuerst übernachteten wir im Dorf Matsuda. Eine Woche lang haben wir das Meer beobachtet. Das nächste Mal übernachteten wir in Henoko, Nago. Vor dem Hafen von Henoko gab es viele Fische. In Henoko bauten die Leute viel Reis an und so liefen wir mit unserem Fang durch das Dorf und tauschten unsere Fische gegen Reis. Es war ein reiner Warenaustausch ohne Geld. Auf dem Hin- und Rückweg trugen wir unser Gepäck zu Fuß über die Berge. Wir füllten den Reis in Sanitätstaschen des amerikanischen Militärs. Eine muss so um die 70 Kilogramm schwer gewesen sein. Wenn wir zu sechst die Taschen gefüllt hatten, machten wir uns auf den Weg zurück nach Motobu. Zuerst mit dem Reis über die Berge bis nach Kyoda. Dann ging es wieder zurück nach Henoko, um das Boot und unser Gepäck zu holen. Hin und zurück überquerten wir die Berge insgesamt sechsmal auf dem Rückweg.
Wehte der Wind aus dem Süden, fuhren wir zur Shioya Bucht in Ogimi und von dort mit dem Boot den Okawa Fluss hinauf, um wieder die Berge von der Westküste zur Ostküste zu überqueren. Dort fischten wir in Kawada in Higashi-son und kehrten auf dem gleichen Weg wieder zurück nach Motobu. So sah unser Leben aus. Zu diesem Zeitpunkt überlegten meine Brüder, ob man nicht an unserem Sabani einen Motor anbringen könnte. Alle hielten da für eine gute Idee. Ich wusste, dass es in Ie-jima jede Menge zurückgelassene Motoren der Amerikaner gab, die sich für den Anbau am Sabani eignen würden. Es war gerade erst wieder erlaubt worden, Ie-jima zu betreten.
Die LCT Schiff Explosion auf Ie-jima
Es war der 6. August 1948 als ich mit einem Schiff nach Ie-jima übersetzte. Am Pier des Hafens lag bereits ein amerikanisches LCT Schiff. (Panzertransportschiff) Neben dem LCT Schiff legte unser Schiff an. In diesem Moment kam ein mit einer Ladung Munition beladener Lastwagen und explodierte plötzlich. Bei der riesigen Detonation kamen 107 Leute ums Leben. Es war ein heißer Tag gewesen und ich war als erster von der Fähre gegangen. Ich lief auf die anderer Seite der Straße vor dem Hafen. Das mir das Leben gerettet hat. In jenen Tagen suchten die Bewohner von Okinawa, nach den sterblichen Überresten ihrer im Krieg gefallen Angehörigen in Ie-jima. Und umgekehrt, Bewohner aus Iejima suchten nach den Überresten ihrer Angehörigen, die im Süden Okinawa gestorben waren. Viele Familienmitglieder hatten sich deshalb versammelt.
Am Tag nach der Explosion, kamen meine Brüder mit dem Sabani nach Ie-jima, um nach mir zu suchen. Es existierte damals noch keine feste Fährverbindung nach Ie-Jima. Als meine Brüder mich fanden, lief ich verwirrt am Strand hin und her. Sie riefen suchend nach mir, ob ich noch am Leben sei. Die Explosion hatte alle getötet und überall lagen zerfetzte Leichen am Strand. Das war so ein traumatisches Erlebnis für mich, dass ich lange Zeit nicht einmal mit meiner Familie darüber reden konnte. Nicht, dass ich für einen Kamikazeflug eingeteilt war und nicht, dass ich bei der Explosion in Ie-jima dabei war. Nicht ein einziges Mal habe ich davon erzählt.
Nachkriegs Agiyaa Fischerei
Wenn man Gurukun (beliebter Speisefisch Okinawas) fängt, heißt das heute oikomi (Treibfischerei), wir nannten es damals Agiyaa. Agiyaa bedeutete, dass wir die Fische vom Meeresboden in seichtes Ufergewässer trieben. Das bedeutet Agiyaa. Diese Art von Treibfischerei wurde nur im Winter durchgeführt. Die Wassertemperatur beträgt 17 bis 18 Grad Celsius. Ohne Hosen sprangen wir in das kalte Wasser, nasse Hosen fühlten sich noch kälter an. Auch wir sechs Brüder steigen nackt ins Wasser zur Agiya.
Wir hatten reichlich zu essen und sogar Reis auf dem Esstisch. Woanders hatten sie Mühe überhaupt Süßkartoffeln in die Hände bekommen. Ansonsten aßen wir, was uns von der amerikanischen Armee zugeteilt wurde. Für etwa zwei Jahre war ich der Laufbursche für alle. Der Altersunterschied zu meinen Brüdern betrug mehr als 10 Jahre und ich musste das Frühstück und das Abendessen für alle zubereiten. Um den gefangenen Fisch zu verkaufen, musste ich schwer tragen. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und nachdem ich es gut zwei Jahre ertragen habe, ging ich um für das amerikanische Militär zu arbeiten.
Arbeit für das US Militär und „Senka“
Ich arbeitete als Quartiermeister im Depot in Tongan im heutigen Uruma. Mein Gehalt betrug 150 bis 250 B-Yen, die damalige Militärwährung. Damals grassierte das sogenannte „Senka“, Kriegsbeute machen. Das bedeutete das Stehlen von Waren aus den amerikanischen Militärstützpunkten. Aus den Depots der amerikanischen Armee wurden Konservendosen und andere Dinge gestohlen und auf dem Schwarzmarkt in Ishikawa verkauft. Mit dem Geld kehrten die Leute dann in ihre Heimatdörfer zurück. Es wurden auch Decken, Hosen und sogar Uhren als „Senka“ gestohlen. Ebenso wie Zigaretten und vieles mehr. Es war nicht leicht etwas aus den Depots zu stehlen, es dann zu verstecken und aus dem Camp zu schmuggeln. So war das damals, die Arbeit beim Militär.
Während meiner Zeit auf dem amerikanischen Militärfuhrpark, bekam jeder, der mit einem amerikanischen Wagen 10 Meter geradeaus fahren konnte sofort einen Führerschein. Die Führerscheine hatten keine Passbilder. Als die ersten Linienbusse in Okinawa fuhren, besorgte ich den ersten 10 Busfahrern in Okinawa ihre Führerscheine. Für ein Stück Inari-Sushi, baten sie mich ihnen einen Führerschein zu besorgen. Sie sagten mir, wie sich ihr Name auf Englisch schrieb und ich beantragte unter ihrem Namen, anstelle meines eigenen die Führerscheine für sie.
Arbeit als Berufstaucher
Nach der Anstellung beim Militär arbeitete ich im Hafen von Naha. Wenn Schiffe aus dem Ausland eintrafen, tauchte ich und überprüfte die Schrauben und Bilgenpumpen. Diese Arbeit machte ich etwa drei Jahre. Damals brauchte man noch keine besondere Lizenz dafür. Vor allem untersuchte ich, ob die Schrauben in Ordnung waren. Weil Okinawa immer noch unter amerikanischer Verwaltung lag, konnten die Professoren und Forscher der Tokyo Universität oder der Tokai Universität nicht frei hier herkommen und ich erhielt Aufträge für die Fischforschung und Unterwasseruntersuchungen. Ich gründete eine Tauchfirma und begann Aufträge anzunehmen. So fing ich an für mich selbst zu arbeiten.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Das wichtigste, was ich den jungen Leuten mitteilen möchte. Denkt zuerst einmal darüber nach, warum Kriege entstehen. Selbst Geschwisterstreit ist bereits eine Art von Krieg. Geschwister sollten nicht miteinander streiten. Und ich denke wir müssen den Kindern beibringen, im Garten oder auch nur in einem Blumentopf, für sich selbst Zwiebeln oder Gemüse anzubauen, damit sie lernen, wie man sich selbst versorgen kann. Solche Fähigkeiten sollten wir den Kindern beibringen.
Herr Hideo Nakamura hat in fast allen Gewässern Okinawas getaucht. Für die Bergung gesunkener Schiffe,bei der Schiffsrettung und für die Ozeanforschung. Er vertrat Japan bei den Weltmeisterschaften im Tauchen und belegte den dritten Platz.