Von Mabuni zum Weltfrieden
Herr Zenichi Yoshimine
Geburtsjahr:1932
Geburtsort:Naha
Über das Kriegsende
Am 23.Juni war ich auf dem Hügel von Mabuni. Ich denke es war dann am 25.Juni. Ein japanischer Soldat rief: „Der Krieg ist zu Ende“ „Die Amerikaner werden euch nicht töten, es ist Sicher, ergebt euch!“, „Es gibt Wasser und Nahrung“, “Es ist Sicher, ergebt euch bitte“. Aber wir haben uns trotzdem nicht ergeben. Meine Mutter zitterte die ganze Zeit vor Angst. Es wurde Abend und der gleiche Soldat rief erneut: „Ergebt euch, solange es noch hell ist“ „Nach Sonnenuntergang wird das ganze Gebiet mit Benzin übergossen und angezündet“. Wir waren schockiert, als wir das hörten.
Vor unserem Versteck gab es einen kleinen Felsen. Er wurde von einer Napalmbombe getroffen und ging sofort in Flammen auf. Zwei japanische Soldaten, die sich dort versteckt hielten, sprangen heraus und verbrannten zu Tode. Ich dachte, so will ich auf keinen Fall sterben und wir verließen zu dritt unser Versteck. Von oberhalb des Hügel winkte uns jemand zu. Japanische Soldaten kommen um uns zu retten, konnte ich gerade noch so denken. Wir hatten seit vier, fünf Tagen nichts gegessen und waren total erschöpft. Dann kam ein Soldat und zog mich an der Hand hoch. Ich dachte noch bei mir, was für eine riesige Hand…blickte empor und sah in ein Gesicht, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte.„Oh je!“ dachte ich, aber ich hatte weder den Willen noch die Kraft zu fliehen und so nahm mich der amerikanische Soldat einfach mit.
Vielleicht weil es kaum andere Kinder gab, brachte er mir einen Becher und eine Feldflasche. Er trank zuerst daraus und gab mir dann den Becher. Während ich es trank dachte ich nur: „Gibt es wirklich so was Köstliches“. Es schmeckte einfach himmlisch. Erfreut sah er mir beim trinken zu. Es gibt doch diese Dosen der C-Ration (Feldverpflegung der amerikanischen Armee), ähnlich wie unsere Thunfischdosen heutzutage, die holte er und setzte sich vor mich hin. Als ich mich noch fragte, was er als nächstes tun würde, öffnete er die Dose und hielt sie mir hin. Ein köstlicher Geruch stieg mir in die Nase und ich fühlte mich wie im siebten Himmel und ich dachte aufgeregt: „Die bekomme ich jetzt“. Gerade als er mir die Dose geben wollte, rief meine Mutter, die das alles von hinten beobachtet hatte: “Die ist vergiftet“. Ich erschrak und zog meine Hand zurück. Der Soldat aber lächelte nur, zog einen Löffel aus seiner Tasche aß etwas von der Dose und reichte sie mir. Während ich sie in mich hinein schaufelte, dachte ich wieder: „Was für ein himmlischer Geschmack. Kann es so etwas wirklich geben?“ Meine Mutter und Großmutter hatten keine Ahnung was ich da aß, genau wie alle anderen Leute um uns herum. Als nächstes brachte er dann Schokolade und Kekse mit. Wir hatten jetzt etwas mehr vertrauen und aßen alles auf. Endlich fühlten wir uns wieder etwas lebendig und so bemerkte ich, das wir von Leichen umringt waren. Die ganze Umgebung war ein Leichenfeld, aufgebläht und verwest, stanken sie sicherlich fürchterlich, aber meine Sinne waren wie betäubt und ich roch überhaupt nichts. Die amerikanischen Soldaten holten Lastwagen, riefen: „ Alle auf die Trucks“ und wir bestiegen die LKWs. Von der Ladefläche des LKW sah ich, wie sich der Hügel von Mabuni in eine Sandwüste verwandelt hatte, auf der kein Baum und kein Grashalm mehr stand.
Leben im Internierungslager
Von Mabuni wurden wir in das Chinen-Hyakuna Internierungslager gebracht. In jedem Zelt waren 20 Leute untergebracht. Es war eng und ich konnte nicht schlafen. Zum Essen gab es Kekse und ähnliches. Das war unsere einzige Rettung, da es so gut wie nichts zu beißen gab damals.
Wir wurden auf ein Landungsschiff der amerikanischen Marine verladen. Es waren eine Menge Leute, etwa 500 bis 600 Personen. Damit fuhren sie uns nach Nago zum heutigen Camp Schwab. Dort in der Oura Bay (Camp Schwab) blieben wir nur einen Tag. Wir bestiegen erneut Lastwagen und fuhren nach Kayo. Sie stellten wieder Zelte auf und wir wurden dort interniert. Lebensmittel gab es so gut wie nicht. Konserven der US-Armee und wildes Tsuwabuki Kraut. Wir gingen in die
Berge und pflückten Tsuwabuki (Kreuzkraut), welches dort reichlich wuchs. Das kochten wir dann und vermischten es mit den Dosenrationen. Weil auch das nicht ausreichte, fingen wir in einem nahegelegenen Fluss Garnelen und Krabben. Auf diese Weise entgingenwir irgendwie dem Hungertod.
Zu dieser Zeit war ich mit meiner Mutter zu zweit. Nach unserer Gefangennahme wurde meine Großmutter krank und bettlägerig. Vieleicht, weil sie sich nun in Sicherheit fühlte. Sie wurde in ein Krankenhaus nach Kushi in Nago verlegt. Als wir auf dem Hügel von Mabuni gefangen genommen wurden, zitterten wir alle vor Angst umgebracht zu werden. Auch uns ging es so. Nur meine Großmutter war total erleichtert. „Anu ikisaha owattoosayaa“ „Der Krieg ist endlich aus“ und war total erleichtert. Es war ihr egal ob Japan oder Amerika gewonnen hatte, sie war einfach nur froh darüber, dass der Krieg zu Ende war.
Rückkehr in die Heimat und in die Schule
Leute aus der Gegend von Shuri, gehörten zu den Ersten, die aus dem Lager in Kayo entlassen wurden. Zu Zweit kehrte ich mit meiner Mutter zurück. Wir lebten dort in einer provisorischen Unterkunft mit etwa zehn Leuten zusammen. Weil es in Shuri kaum Felder gab, liefen wir nach Mawashi oder Urasoe, gruben Süßkartoffeln aus und ernährten uns davon.
Eines Tages traf ich einen Lehrer aus der Zeit, als ich die nationale Grundschule besuchte, und er sagte: „Oh! Yoshimine, du lebst noch!“ „Komm morgen zur Eröffnung der Shuri High School“, „Auf dem ehemaligen Gelände der Second National Elementary School“. Ich antwortete: „Ich hab keine Ahnung von der High School“, „Egal komm einfach“ antwortete er. Und so ging ich am nächsten Tag hin. Es wurde gerade die Eröffnungsfeier abgehalten. Ich wurde auf die High School aufgenommen ohne überhaupt das Alphabet zu können. Ich bin nicht zur Junior High School gegangen, deshalb besuchte ich die High School für vier Jahre. Ich lernte nicht sehr regelmäßig. Anstatt zu lernen, dachte ich darüber nach, auf dem Heimweg Süßkartoffeln auszugraben. Ich konnte nur an Essen denken während meiner High School Zeit. Ansonsten hätten wir nicht überlebt. Zu dieser Zeit gab es etwas was wir „Senka“ nannten, (Kriegsbeute) Leute gingen zum amerikanischen Militärstützpunkt in Tomari, um dort Lebensmittel und anderes zu stehlen. Waren sie erfolgreich nannten wir das Senka. Die gestohlenen Waren bekamen wir dann entweder geschenkt oder kauften sie, um irgendwie zu überleben.
Das Gelände des Shuri Castle war eine verbrannte Freifläche und wir gingen oft zum spielen dorthin. Als ich nach vier Jahren die Shuri High School abschließ, wurde im selben Jahr die Ryukyu Universität eröffnet. Auf dem Gelände des Schloß wurde ein Ziegelgebäude errichtet. Dabei half ich mit. Hinter dem königlichen Mausoleum befand sich ein großer Bunker. Dort hatten die Schüler der ehemaligen First Junior High School ihre Tische und Stühle gelagert. Die holten wir heraus und reparierten sie für die Shuri High School. Später wurden sie glaube ich auch noch eine Weile an der Ryukyu Universität verwendet.
Meine Tage als Arbeiter im Militärhafen
Zu dieser Zeit, als ich die High School abschloß, verschärfte sich der Koreakrieg. Im Hafen von Naha ging es sehr geschäftig zu, weil viele Bomben und Atilleriegranaten transportiert werden mussten. Es gab jede Menge Jobs und so finge ich ebenfalls an dort zu arbeiten. Ich arbeitete in drei Schichten. In der Tagschicht und in der ersten und zweiten Spätschicht. Die US Zivilregierung eröffnete eine Englisch Sprachschule.Jeder der damals ein paar Brocken Englisch sprechen konnte, bekam sofort einen guten Job. Ich kündigte die Tagschicht, damit ich auf die Sprachschule gehen konnte. Tagsüber besuchte ich die Englisch Schule. Auf dem Rückweg von der Schule, arbeitete ich bis Mitternacht im Militärhafen. Nach der Arbeit ging es mit einem Lastwagen nach Hause und früh morgens wieder zur Sprachschule. Ich schloss die Englisch Sprachschule ab und
erhielt eine Dolmetscher und Übersetzer Lizenz. Wie schon gesagt, jeder der etwas Englisch konnte, erhielt sofort einen guten Job.
Arbeit als Dolmetscher und Übersetzer
Der Leiter der Personalabteilung am Militärhafen war ein japanischstämmiger Amerikaner. Er fragte mich, ob ich in dem Amerikanischen Stützpunkt von Makimoto in Urasoe als Dolmetscher arbeiten könnte. Ich sagte ihm: „Ich hab aber noch nie als Dolmetscher gearbeitet“. Er fragte: „ Haben sie keine Erfahrungen als Dolmetscher?“, und ich antwortete: „Nein hab ich nicht“.“Dann wissen Sie auch nicht, ob Sie es können oder nicht. Also gehen Sie einfach hin“, forderte er mit Nachdruck. Ich habe dann dort etwa sechs oder sieben Jahre als Dolmetscher gearbeitet. Meine Arbeit wurde anerkannt und ich wurde befördert. Das Gehalt war ebenfalls gut. Damals betrug das Einstiegsgehalt eines Bankangestellten etwa 45 Dollar. Ich verdiente mit 70 Dollar fast das Doppelte.
Anfang bei der Luftfahrt
Nach etwa fünf Jahren im Beruf als Dolmetscher und Übersetzer, fingen bei uns auch Absolventen der Ryukyu Universität an zu arbeiten. Sie bemerkten schnell, dass mein geschriebenes Englisch voller Fehler war und ich sah mich nach einer neuer Arbeitstelle um. Ich fing bei CAT, Civil Air Transport, an. Eine chinesische Fluggesellschaft, die mit amerikanischem Kapital gegründet wurde. Das Personal war sehr international, es gab Chinesen, Japaner und Uchinanchu (Okinawaner) und auch einige Vietnamesen. Dort blieb ich etwa fünf bis sechs Jahre. Die Nachkriegszeit habe ich nicht als sehr entbehrungsreich in Erinnerung. Ich fand eine Arbeit nach der anderen. Auch bei der Arbeit für das Militär hieß man mich trotz meiner begrenzten Englisch Kenntnisse willkommen. Mir erging es eigentlich nicht so schlecht damals.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Nach dem Krieg sprach ich einmal mit einem ehemaligen amerikanischen Soldaten, der während der Schlacht um Okinawa in der Sechsten Marine-Division gedient hatte. Ich erzählte ihm, dass ich in Mabuni gefangen genommen wurden. Er war erschrocken und meinte: „Was! Sie haben diesen Ort überlebt!“ Das war ein Ort, an dem es unglaublich viele Tote gab, zerstückelt von Artilleriegranaten und Bomben. Er sagte: „Es ist erstaunlich, dass Sie dieses Schlachtfeld überlebt haben“. Der ehemalige amerikanische Soldat und ich wurden gute Freunde. Jedes Mal, wenn er nach Okinawa kam, übernachtete er bei mir, wir aßen zusammen und vertieften unsere Freundschaft. Solange es keinen Krieg gibt, sind wir alle Menschen und alle gleich. Was ich sagen möchte ist, dass egal was passiert, kommt miteinander aus. Durch schlechte Beziehungen können wir niemals die Wahrheit sehen.
Herr Zen`ichi Yoshimine lernte Englisch an einer Englisch Sprachschule während er auf dem Militärhafen von Naha arbeitete. Später arbeitete er als Dolmetscher und Übersetzer und für eine Fluggesellschaft . Er fungierte als eine Brücke zwischen Okinawa und der Welt. Nach seiner Pensionierung berichtete er als Mitglied unseres „Erzählerclubs“ von den wahren Ereignissen der Schlacht um Okinawa.
Über das Kriegsende
Am 23.Juni war ich auf dem Hügel von Mabuni. Ich denke es war dann am 25.Juni. Ein japanischer Soldat rief: „Der Krieg ist zu Ende“ „Die Amerikaner werden euch nicht töten, es ist Sicher, ergebt euch!“, „Es gibt Wasser und Nahrung“, “Es ist Sicher, ergebt euch bitte“. Aber wir haben uns trotzdem nicht ergeben. Meine Mutter zitterte die ganze Zeit vor Angst. Es wurde Abend und der gleiche Soldat rief erneut: „Ergebt euch, solange es noch hell ist“ „Nach Sonnenuntergang wird das ganze Gebiet mit Benzin übergossen und angezündet“. Wir waren schockiert, als wir das hörten.
Vor unserem Versteck gab es einen kleinen Felsen. Er wurde von einer Napalmbombe getroffen und ging sofort in Flammen auf. Zwei japanische Soldaten, die sich dort versteckt hielten, sprangen heraus und verbrannten zu Tode. Ich dachte, so will ich auf keinen Fall sterben und wir verließen zu dritt unser Versteck. Von oberhalb des Hügel winkte uns jemand zu. Japanische Soldaten kommen um uns zu retten, konnte ich gerade noch so denken. Wir hatten seit vier, fünf Tagen nichts gegessen und waren total erschöpft. Dann kam ein Soldat und zog mich an der Hand hoch. Ich dachte noch bei mir, was für eine riesige Hand…blickte empor und sah in ein Gesicht, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte.„Oh je!“ dachte ich, aber ich hatte weder den Willen noch die Kraft zu fliehen und so nahm mich der amerikanische Soldat einfach mit.
Vielleicht weil es kaum andere Kinder gab, brachte er mir einen Becher und eine Feldflasche. Er trank zuerst daraus und gab mir dann den Becher. Während ich es trank dachte ich nur: „Gibt es wirklich so was Köstliches“. Es schmeckte einfach himmlisch. Erfreut sah er mir beim trinken zu. Es gibt doch diese Dosen der C-Ration (Feldverpflegung der amerikanischen Armee), ähnlich wie unsere Thunfischdosen heutzutage, die holte er und setzte sich vor mich hin. Als ich mich noch fragte, was er als nächstes tun würde, öffnete er die Dose und hielt sie mir hin. Ein köstlicher Geruch stieg mir in die Nase und ich fühlte mich wie im siebten Himmel und ich dachte aufgeregt: „Die bekomme ich jetzt“. Gerade als er mir die Dose geben wollte, rief meine Mutter, die das alles von hinten beobachtet hatte: “Die ist vergiftet“. Ich erschrak und zog meine Hand zurück. Der Soldat aber lächelte nur, zog einen Löffel aus seiner Tasche aß etwas von der Dose und reichte sie mir. Während ich sie in mich hinein schaufelte, dachte ich wieder: „Was für ein himmlischer Geschmack. Kann es so etwas wirklich geben?“ Meine Mutter und Großmutter hatten keine Ahnung was ich da aß, genau wie alle anderen Leute um uns herum. Als nächstes brachte er dann Schokolade und Kekse mit. Wir hatten jetzt etwas mehr vertrauen und aßen alles auf. Endlich fühlten wir uns wieder etwas lebendig und so bemerkte ich, das wir von Leichen umringt waren. Die ganze Umgebung war ein Leichenfeld, aufgebläht und verwest, stanken sie sicherlich fürchterlich, aber meine Sinne waren wie betäubt und ich roch überhaupt nichts. Die amerikanischen Soldaten holten Lastwagen, riefen: „ Alle auf die Trucks“ und wir bestiegen die LKWs. Von der Ladefläche des LKW sah ich, wie sich der Hügel von Mabuni in eine Sandwüste verwandelt hatte, auf der kein Baum und kein Grashalm mehr stand.
Leben im Internierungslager
Von Mabuni wurden wir in das Chinen-Hyakuna Internierungslager gebracht. In jedem Zelt waren 20 Leute untergebracht. Es war eng und ich konnte nicht schlafen. Zum Essen gab es Kekse und ähnliches. Das war unsere einzige Rettung, da es so gut wie nichts zu beißen gab damals.
Wir wurden auf ein Landungsschiff der amerikanischen Marine verladen. Es waren eine Menge Leute, etwa 500 bis 600 Personen. Damit fuhren sie uns nach Nago zum heutigen Camp Schwab. Dort in der Oura Bay (Camp Schwab) blieben wir nur einen Tag. Wir bestiegen erneut Lastwagen und fuhren nach Kayo. Sie stellten wieder Zelte auf und wir wurden dort interniert. Lebensmittel gab es so gut wie nicht. Konserven der US-Armee und wildes Tsuwabuki Kraut. Wir gingen in die
Berge und pflückten Tsuwabuki (Kreuzkraut), welches dort reichlich wuchs. Das kochten wir dann und vermischten es mit den Dosenrationen. Weil auch das nicht ausreichte, fingen wir in einem nahegelegenen Fluss Garnelen und Krabben. Auf diese Weise entgingenwir irgendwie dem Hungertod.
Zu dieser Zeit war ich mit meiner Mutter zu zweit. Nach unserer Gefangennahme wurde meine Großmutter krank und bettlägerig. Vieleicht, weil sie sich nun in Sicherheit fühlte. Sie wurde in ein Krankenhaus nach Kushi in Nago verlegt. Als wir auf dem Hügel von Mabuni gefangen genommen wurden, zitterten wir alle vor Angst umgebracht zu werden. Auch uns ging es so. Nur meine Großmutter war total erleichtert. „Anu ikisaha owattoosayaa“ „Der Krieg ist endlich aus“ und war total erleichtert. Es war ihr egal ob Japan oder Amerika gewonnen hatte, sie war einfach nur froh darüber, dass der Krieg zu Ende war.
Rückkehr in die Heimat und in die Schule
Leute aus der Gegend von Shuri, gehörten zu den Ersten, die aus dem Lager in Kayo entlassen wurden. Zu Zweit kehrte ich mit meiner Mutter zurück. Wir lebten dort in einer provisorischen Unterkunft mit etwa zehn Leuten zusammen. Weil es in Shuri kaum Felder gab, liefen wir nach Mawashi oder Urasoe, gruben Süßkartoffeln aus und ernährten uns davon.
Eines Tages traf ich einen Lehrer aus der Zeit, als ich die nationale Grundschule besuchte, und er sagte: „Oh! Yoshimine, du lebst noch!“ „Komm morgen zur Eröffnung der Shuri High School“, „Auf dem ehemaligen Gelände der Second National Elementary School“. Ich antwortete: „Ich hab keine Ahnung von der High School“, „Egal komm einfach“ antwortete er. Und so ging ich am nächsten Tag hin. Es wurde gerade die Eröffnungsfeier abgehalten. Ich wurde auf die High School aufgenommen ohne überhaupt das Alphabet zu können. Ich bin nicht zur Junior High School gegangen, deshalb besuchte ich die High School für vier Jahre. Ich lernte nicht sehr regelmäßig. Anstatt zu lernen, dachte ich darüber nach, auf dem Heimweg Süßkartoffeln auszugraben. Ich konnte nur an Essen denken während meiner High School Zeit. Ansonsten hätten wir nicht überlebt. Zu dieser Zeit gab es etwas was wir „Senka“ nannten, (Kriegsbeute) Leute gingen zum amerikanischen Militärstützpunkt in Tomari, um dort Lebensmittel und anderes zu stehlen. Waren sie erfolgreich nannten wir das Senka. Die gestohlenen Waren bekamen wir dann entweder geschenkt oder kauften sie, um irgendwie zu überleben.
Das Gelände des Shuri Castle war eine verbrannte Freifläche und wir gingen oft zum spielen dorthin. Als ich nach vier Jahren die Shuri High School abschließ, wurde im selben Jahr die Ryukyu Universität eröffnet. Auf dem Gelände des Schloß wurde ein Ziegelgebäude errichtet. Dabei half ich mit. Hinter dem königlichen Mausoleum befand sich ein großer Bunker. Dort hatten die Schüler der ehemaligen First Junior High School ihre Tische und Stühle gelagert. Die holten wir heraus und reparierten sie für die Shuri High School. Später wurden sie glaube ich auch noch eine Weile an der Ryukyu Universität verwendet.
Meine Tage als Arbeiter im Militärhafen
Zu dieser Zeit, als ich die High School abschloß, verschärfte sich der Koreakrieg. Im Hafen von Naha ging es sehr geschäftig zu, weil viele Bomben und Atilleriegranaten transportiert werden mussten. Es gab jede Menge Jobs und so finge ich ebenfalls an dort zu arbeiten. Ich arbeitete in drei Schichten. In der Tagschicht und in der ersten und zweiten Spätschicht. Die US Zivilregierung eröffnete eine Englisch Sprachschule.Jeder der damals ein paar Brocken Englisch sprechen konnte, bekam sofort einen guten Job. Ich kündigte die Tagschicht, damit ich auf die Sprachschule gehen konnte. Tagsüber besuchte ich die Englisch Schule. Auf dem Rückweg von der Schule, arbeitete ich bis Mitternacht im Militärhafen. Nach der Arbeit ging es mit einem Lastwagen nach Hause und früh morgens wieder zur Sprachschule. Ich schloss die Englisch Sprachschule ab und
erhielt eine Dolmetscher und Übersetzer Lizenz. Wie schon gesagt, jeder der etwas Englisch konnte, erhielt sofort einen guten Job.
Arbeit als Dolmetscher und Übersetzer
Der Leiter der Personalabteilung am Militärhafen war ein japanischstämmiger Amerikaner. Er fragte mich, ob ich in dem Amerikanischen Stützpunkt von Makimoto in Urasoe als Dolmetscher arbeiten könnte. Ich sagte ihm: „Ich hab aber noch nie als Dolmetscher gearbeitet“. Er fragte: „ Haben sie keine Erfahrungen als Dolmetscher?“, und ich antwortete: „Nein hab ich nicht“.“Dann wissen Sie auch nicht, ob Sie es können oder nicht. Also gehen Sie einfach hin“, forderte er mit Nachdruck. Ich habe dann dort etwa sechs oder sieben Jahre als Dolmetscher gearbeitet. Meine Arbeit wurde anerkannt und ich wurde befördert. Das Gehalt war ebenfalls gut. Damals betrug das Einstiegsgehalt eines Bankangestellten etwa 45 Dollar. Ich verdiente mit 70 Dollar fast das Doppelte.
Anfang bei der Luftfahrt
Nach etwa fünf Jahren im Beruf als Dolmetscher und Übersetzer, fingen bei uns auch Absolventen der Ryukyu Universität an zu arbeiten. Sie bemerkten schnell, dass mein geschriebenes Englisch voller Fehler war und ich sah mich nach einer neuer Arbeitstelle um. Ich fing bei CAT, Civil Air Transport, an. Eine chinesische Fluggesellschaft, die mit amerikanischem Kapital gegründet wurde. Das Personal war sehr international, es gab Chinesen, Japaner und Uchinanchu (Okinawaner) und auch einige Vietnamesen. Dort blieb ich etwa fünf bis sechs Jahre. Die Nachkriegszeit habe ich nicht als sehr entbehrungsreich in Erinnerung. Ich fand eine Arbeit nach der anderen. Auch bei der Arbeit für das Militär hieß man mich trotz meiner begrenzten Englisch Kenntnisse willkommen. Mir erging es eigentlich nicht so schlecht damals.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Nach dem Krieg sprach ich einmal mit einem ehemaligen amerikanischen Soldaten, der während der Schlacht um Okinawa in der Sechsten Marine-Division gedient hatte. Ich erzählte ihm, dass ich in Mabuni gefangen genommen wurden. Er war erschrocken und meinte: „Was! Sie haben diesen Ort überlebt!“ Das war ein Ort, an dem es unglaublich viele Tote gab, zerstückelt von Artilleriegranaten und Bomben. Er sagte: „Es ist erstaunlich, dass Sie dieses Schlachtfeld überlebt haben“. Der ehemalige amerikanische Soldat und ich wurden gute Freunde. Jedes Mal, wenn er nach Okinawa kam, übernachtete er bei mir, wir aßen zusammen und vertieften unsere Freundschaft. Solange es keinen Krieg gibt, sind wir alle Menschen und alle gleich. Was ich sagen möchte ist, dass egal was passiert, kommt miteinander aus. Durch schlechte Beziehungen können wir niemals die Wahrheit sehen.
Herr Zen`ichi Yoshimine lernte Englisch an einer Englisch Sprachschule während er auf dem Militärhafen von Naha arbeitete. Später arbeitete er als Dolmetscher und Übersetzer und für eine Fluggesellschaft . Er fungierte als eine Brücke zwischen Okinawa und der Welt. Nach seiner Pensionierung berichtete er als Mitglied unseres „Erzählerclubs“ von den wahren Ereignissen der Schlacht um Okinawa.