In Bildern erzählt, der Krieg in Yaeyama
Herr Masamichi Shiohira
Geburtsjahr:1933
Geburtsort:Ishigaki-jima
Yaeyama vor der Verschärfung des Krieges
Ich wurde im Jahr 1933 auf der Insel Ishigaki-jima geboren. Meine Familie bestand aus meinen Eltern, meiner Großmutter, einem älteren Bruder und mir. Mein Bruder wurde gleich nach Kriegsbeginn zur Armee einberufen und einer japanischen Armee Einheit auf der Insel zugeteilt. Mein Vater war zu dieser Zeit Bezirksleiter der Yaeyama-Lebensmittelverwaltung, eine Organisation, die unter dem Kriegsregime gegründet wurde. Seine Aufgabe war es Lebensmittel für die Bewohner zu sichern.
Die Luftangriffe beginnen
Während des großen Luftangriffs am 10. Oktober 1944, wurde auch Ishigaki-jima angegriffen. Beim ersten Luftangriff ankerten zwei japanische Kriegsschiffe zwischen der Insel Taketomi und Ishigaki-jima. Plötzlich erschien ein US Grumman Jagdflieger und griff die Kriegsschiffe an. Daraufhin eröffneten die japanischen Truppen von Ishigaki-jima aus ein Deckungsfeuer mit ihren Flak-Geschützen. Ich sah zum ersten Mal eine Schlacht und lief mit großem Interesse zur Küste um mir das Ganze anzusehen. Die Fliegerabwehrgeschosse, die von Ishigaki-jima aus abgefeuert wurden explodierten in der Luft und die Splitter fielen auf Taketomi herab. Von einem Überlebenden hörte ich nach dem Krieg, dass mehr Granatsplitter der japanischen Flakgeschütze, als feindliche Bomben auf Taketomi herabregneten. Am Abend flogen drei oder vier amerikanischen Flugzeuge in Tiefflug aus Richtung Kohama-jima heran und beschossen die Stadt von Westen nach Osten mit ihren Maschinengewehren.
Zu dieser Zeit begann die Evakuierung nach Taiwan in kleinen Gruppen der „Nachbarschaftsvereinigungen“. Wir hatten uns auf die Evakuierung nach Taiwan vorbereitet, aber der Luftangriff erfolgte eine Woche vor unserer geplanten Abreise und die Evakuierung wurde abgesagt.
Der Unterricht in den letzten Kriegstagen
Im April 1945, dem Jahr des Kriegsendes, wurde ich nach dem alten Schulsystem in die Junior High School aufgenommen. Die Aufnahmefeier wurde wegen der heftigen Luftangriffe mehrere Male unterbrochen. Eine Bombe schlug in der Nähe ein und die Splitter flogen überall herum. Sie verletzten einen Schüler am Oberschenkel, sodass er blutete. Das war meine Aufnahmefeier. Der Schulleiter hielt eine Rede, die mit den Worten endete: „Vom heutigen Tag an seid ihr Mittelschüler“, danach ergriff ein Hauptmann, der Anführer des „Imperialen Blut und Eisen Korps“ das Wort. Sein erster Satz lautete: „Ab heute seit ihr Mitglieder des Imperialen Blut und Eisen Korps“. Da ich direkt mit Eintritt in die Junior High School Mitglied des imperialen Korps wurde, hatte ich keine Zeit zum Lernen. Ich ging jeden Tag mit einer Hacke zur Schule, bearbeitete den Schulhof und pflanzte Süßkartoffeln an, weil es nicht genug zu essen gab. In der Nähe der Schule gab es einen sogenannten Gedenksportplatz, dort wo heute die Kaisei Grundschule ist. Dort lagen viele Steine und ich sammelte die Erde zwischen den Steinen auf, um sie für den Anbau der Süßkartoffeln zu nutzen. Ich kam aber nicht dazu die Kartoffeln zu ernten, weil aufgrund der allgemeinen Lebensmittelknappheit, irgendjemand die Kartoffeln vor mir ausgrub.
Einmal ging ich mit einem Freund von der Schule auf dem Weg nachhause am Toori des Miyatori-On vorbei, als ein amerikanisches Flugzeug auf uns zuflog und das Feuer eröffnete. Unmittelbar neben uns stand eine Reihe Fukugi Bäume und wir versteckten uns hinter einem von ihnen, der an der Steinmauer eines Hauses stand. Das rettete uns das Leben. Nach dem Angriff schaute ich mir den Baum an und er war von Maschinengewehrkugeln getroffen worden. Hätte dieser Baum dort nicht gestanden, dann wäre es sicherlich ich gewesen, den die Kugeln erwischt hätten.
Die Lebensmittellage während der Evakuierung
Am 1. Juni erhielten wir von der japanischen Armee den Befehl, bis zum 10. Juni in die Berge zu evakuieren, da die Möglichkeit bestand, dass die US-Streitkräfte am 15. Juni auf Ishigaki-jima landen würden. Die Einwohner hatten im Vorfeld bereits Hütten in den Bergen gebaut und suchten dort Zuflucht. Letztendlich landeten die Amerikaner nicht auf Ishigaki-jima, aber es gab heftige Luftangriffe. Bereit vor dem Befehl zur Evakuierung herrschte ein Lebensmittelmangel. Wegen der andauernden Luftangriffe konnten die Bauern nicht auf die Felder.
Deshalb gruben wir „Muiakkon“ aus. Das ist ein Wort aus dem Yaeyama-Dialekt und bezeichnet die Kartoffeln, die bei der Ernte übersehen wurden. Wenn Süßkartoffeln in der Erde bleiben, wachsen sie immer weiter. Nach ihnen haben wir gesucht, ausgegraben und gegessen. Da alle das Gleiche taten, gab es bald keine Kartoffeln mehr und wir aßen die Gräser, die am Straßenrand und am Feldrain wuchsen. Am Strand standen Adan-Bäume und wir knabberten an den wie Ananas aussehenden Früchten, um an den weichen Inhalt zu kommen. Wenn es regnete, gingen wir auf die Wiesen und sammelten Schnecken. Die gleichen Schnecken, die es heute auch noch gibt. Die Schnecken versteckten sich normalerweise unter den Blättern, aber bei Regen kamen sie hervorgekrochen. Wir sammelten sie ein und kochten sie in der Suppe. Wir fingen auch Frösche, salzten sie und grillten sie am Spieß, das war immer ein Festmahl.
Die Kriegszeit Malaria
Alle Bewohner evakuierten auf Befehl der japanischen Armee in den Bergen. Meine Familie wurde für drei Monate in die Berge nach Shiramizu evakuiert. Dort infizierten sich fast alle Einwohner mit Malaria. Auch ich steckte mich an und hatte 40.8 Grad hohes Fieber. Alle drei, vier Tage hatte ich einen Fieberschub und mir wurde Wasser über die Stirn geträufelt, um das Fieber zu senken. Das Fieber hielt etwa einen Monat lang an. 20 Tage nach Auftreten der ersten Malariafälle gab es die ersten Todesopfer zu beklagen. Heute würde niemand mehr sterben, aber damals waren alle unterernährt, und starben sehr schnell. Abends wurden die Leichen an den Feldrändern vergraben. Wenn es dunkel wurde und die feindlichen Flugzeuge nicht mehr flogen, verbrannten wir die Leichen auch auf den Feldern.
Das Kriegsende
Während unserer Evakuierung erhielten wir die Nachricht, dass die Hauptinsel Okinawa vollständig besiegt worden war und der Krieg auf Okinawa vorbei war. Damit hörten auch die Luftangriffe auf Ishigaki-jima auf. Wenn wir noch länger in den Bergen geblieben wären, dann wären wir sicherlich alle an Malaria gestorben. Die amerikanischen Jagdflieger, die im Tiefflug über uns hinweg flogen, schossen nicht mehr auf uns und die Piloten winkten uns zu. So begriffen wir, dass der Krieg vorbei war und stiegen von den Bergen hinunter. Mehr als die Hälfte der evakuierten Bevölkerung hörte in den Bergen vom Kriegsende und kehrte in ihre Häuser zurück. Meine Familie verlies die Berge bereits vor Kriegsende, weil mein Vater sich mit Malaria infiziert hatte. Ich pflegte ihn und kühlte mit einem nassen Handtuch seine Stirn. Dann hörten wir von einem Bekannten meines Vaters, das zwei große Bomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen worden waren und Japan kapituliert hatte. So erfuhr ich, dass der Krieg offiziell vorbei war. Ich hörte die Nachricht, als ich gerade im Krankenhaus bei meinem Vater war. Ich war nur ein kleiner Junge von der Jugendtruppe der Armee und brach in Tränen aus. Alle anderen brachen ebenfalls in Tränen aus.
Das Leben unmittelbar nach Kriegsende
Wir erhielten vom US-Militär Rationen in Form von Reis und Konserven. Wir haben die Hühner gegessen, die wir zu Hause hielten und als sie alle verspeist waren, gingen wir auf die Felder um Frösche zu fangen. Einige der Hühner waren während unserer Zeit in den Bergen verwildert und flogen wie die Krähen von Baum zu Baum. Mit fünf oder sechs meiner Klassenkameraden, beschlossen wir loszuziehen, um sie zu fangen und zu grillen. Wir haben aber kein Einziges fangen können. Wir hatten alle leere Bäuche und auf dem Heimweg schnitten wir uns Zuckerrohr von einem Feld, um darauf zu kauen und den Saft zu schlucken. Solche Erfahrungen habe ich gemacht.
Die Rationen der US-Armee reichten nur für eine Woche. Damals sah ich zum ersten Mal Makkaroni in einer der Konservendosen. Es gab Fleischkonserven und andere Sachen. Wir nummerierten die Konserven und die anderen Rationen. Die Nachbarschaftsvereinigung versammelten sich und wir verlosten die Rationen. Ich zog das Los für die größte Fleischdose und meine Eltern lobten mich dafür. Solche Erlebnisse gab es auch. Nachdem wir die Rationen aufgegessen hatten, wurden wir wieder zu Selbstversorgern. Wenn wir in die Berge zum Brennholz holen gingen, gab es einen Kontrollpunkt, an dem wir immer vorbei mussten. Dort befand sich Personal des Gesundheitszentrums und jeder der dort passierte, musste Wasser trinken und Atevrin, ein Malariamedikament einnehmen.
Eine bleibende Erinnerung
Was mir vom Kriegsende besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Straße vor unserem Haus die zum Krematorium führte. Bereits seit den letzten Kriegstagen wurden jeden Tag die verstorbenen Malariapatienten an unserem Haus vorbeigetragen. Vor allem nach Kriegsende waren besonders viele Menschen unterwegs und täglich stieg der Rauch vom Schornstein des Krematoriums auf. Vor dem Krematorium stapelten sich die Leichen und warteten darauf verbrannt zu werden. So waren die Umstände damals.
Einer meiner Schulkameraden wohnte in einem großen Haus, aber während des Krieges wurden die gesamte Familie von japanischen Militäroffizieren vertrieben und das Haus als Offiziersquartier genutzt. Nach dem Krieg verließen die Offiziere Okinawa und die Familie meines Schulkameraden kehrte in ihr Haus zurück. Als sie die Schränke öffneten, fanden sie einen großen Beutel mit Chinin, einem Malariamittel, den die Offiziere versteckt hatten. Seine Familie nahm die Medizin, um ihre eigene Malaria zu heilen und verteilten sie an Freunde und Bekannte. So hat er es mir erzählt.
Kurze Zeit später landete das US-Militär auf der Insel und brachte Atevrin mit, das wir über die Nachbarschaftszentren verteilten. Die Lebensmittelrationen und das Atevrin, rettete unser Leben nach dem Krieg.
Das Schulleben nach dem Krieg
Wegen meiner Malariaerkrankung war ich nach dem Krieg sehr geschwächt und konnte etwa ein halbes Jahr nicht zur Schule gehen. Es gab viele solcher Schüler wie mich. Ich hatte kaum Unterricht im ersten Schuljahr der Junior High School, wurde aber in die zweite Klasse versetzt und neue Schüler kamen an die Schule. Einige Schüler hatten noch alte Schulbücher aus der Zeit vor dem Krieg, die wir uns zu zweit oder zu dritt teilten. Der Lehrer besaß auch ein Exemplar und schrieb daraus an die Tafel. Auf diese Weise lernten wir. Direkt nach dem Krieg, hatten wir kein Papier, keine Schreibhefte und keine Bleistifte. Das einzige Papier, dass wir hatten war ein ungebleichtes, braunes Papier, das wir Strohpapier nannten. Nach Landung der Amerikaner kam auch Schreibpapier in den Umlauf. Es gab Hefte aus Papier mit blauen und grünen Linien, die wir zerteilten und gemeinsam nutzen. Während wir uns auf diese Weise behalfen, erhielten wir endlich auch richtige Schreibhefte. Die Schulbücher nutzten wir zu zweit oder zu dritt.
Zivilverwaltung und das US-Militär
Nach Kriegsende war dort, wo heute der Spielplatz im Park in Arakawa ist eine Unterkunft des US-Militärs. Das Gelände war mit Maschendraht umgeben und die US-Soldaten fuhren dort mit ihren Jeeps ein und aus. In der Yaeyama Außenstelle der zivilen Regierung Okinawas gab die US-Armee die verschiedensten Anweisungen. Wollten wir eine Zeitung herausgeben, gingen wir zur Militärregierung um sie zensieren zu lassen. Erst nach der Zensur konnten wir sie veröffentlichen. Alles wurde damals zensiert. Dieser Zustand dauerte noch eine Weile nach Kriegsende an.
Begegnung mit dem Kunstunterricht an der Highschool
Ich besuchte dann die Yaeyama Highschool. Es gab Kunst als Wahlfach, aber nur drei oder vier Schüler schrieben sich dafür ein. Es gab keinen Kunstlehrer an der Highschool, deshalb kam die Kunstlehrerin der Junior High School als Aushilfskraft zu uns und unterrichtete Kunst. Diese Lehrerin war eine sehr exzentrische Person. Sie sagte zu uns: „Im Moment macht es eigentlich gar keinen Sinn Kunst zu studieren“. Sie borgte mir ein Kunstmagazin, mit der Aufforderung es zu lesen. Es enthielt eine Sammlung der Gemälde Michelangelos und war mit einem interessanten Vorwort und Erklärungen von Mushanokoji Saneatsu versehen. Es weckte meine Liebe für Michelangelo und ich begann mich für Kunst zu interessieren. Ich dachte darüber nach selber Maler werden und fing mit dem Kunststudium an. Mein Studium der Kunst hält bis zum heutigen Tage an und die Kunst hat mein Leben stark beeinflusst. Deshalb habe ich auch ein Buch mit Bildern meiner Kriegserlebnisse veröffentlicht.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Mit einem Wort, Krieg zu führen ist ein dummes Verhalten der Menschen. Als Geschichtenerzähler habe ich ausführlich dargelegt, wie töricht die Menschen gewesen sind. Menschliche Probleme können nicht durch einen Krieg gelöst werden. Das ist durch die Geschichte der Menschheit bewiesen worden. Ich möchte, dass die jungen Menschen das zutiefst erkennen.
Herr Masamichi Shiohara hat mit seinen Kunstwerken einen Beitrag zur Friedenserziehung geleistet. Zusätzlich berichtet er als „Geschichtenerzähler“ von der Kriegsmalaria und der Realität der Schlacht um Okinawa
Yaeyama vor der Verschärfung des Krieges
Ich wurde im Jahr 1933 auf der Insel Ishigaki-jima geboren. Meine Familie bestand aus meinen Eltern, meiner Großmutter, einem älteren Bruder und mir. Mein Bruder wurde gleich nach Kriegsbeginn zur Armee einberufen und einer japanischen Armee Einheit auf der Insel zugeteilt. Mein Vater war zu dieser Zeit Bezirksleiter der Yaeyama-Lebensmittelverwaltung, eine Organisation, die unter dem Kriegsregime gegründet wurde. Seine Aufgabe war es Lebensmittel für die Bewohner zu sichern.
Die Luftangriffe beginnen
Während des großen Luftangriffs am 10. Oktober 1944, wurde auch Ishigaki-jima angegriffen. Beim ersten Luftangriff ankerten zwei japanische Kriegsschiffe zwischen der Insel Taketomi und Ishigaki-jima. Plötzlich erschien ein US Grumman Jagdflieger und griff die Kriegsschiffe an. Daraufhin eröffneten die japanischen Truppen von Ishigaki-jima aus ein Deckungsfeuer mit ihren Flak-Geschützen. Ich sah zum ersten Mal eine Schlacht und lief mit großem Interesse zur Küste um mir das Ganze anzusehen. Die Fliegerabwehrgeschosse, die von Ishigaki-jima aus abgefeuert wurden explodierten in der Luft und die Splitter fielen auf Taketomi herab. Von einem Überlebenden hörte ich nach dem Krieg, dass mehr Granatsplitter der japanischen Flakgeschütze, als feindliche Bomben auf Taketomi herabregneten. Am Abend flogen drei oder vier amerikanischen Flugzeuge in Tiefflug aus Richtung Kohama-jima heran und beschossen die Stadt von Westen nach Osten mit ihren Maschinengewehren.
Zu dieser Zeit begann die Evakuierung nach Taiwan in kleinen Gruppen der „Nachbarschaftsvereinigungen“. Wir hatten uns auf die Evakuierung nach Taiwan vorbereitet, aber der Luftangriff erfolgte eine Woche vor unserer geplanten Abreise und die Evakuierung wurde abgesagt.
Der Unterricht in den letzten Kriegstagen
Im April 1945, dem Jahr des Kriegsendes, wurde ich nach dem alten Schulsystem in die Junior High School aufgenommen. Die Aufnahmefeier wurde wegen der heftigen Luftangriffe mehrere Male unterbrochen. Eine Bombe schlug in der Nähe ein und die Splitter flogen überall herum. Sie verletzten einen Schüler am Oberschenkel, sodass er blutete. Das war meine Aufnahmefeier. Der Schulleiter hielt eine Rede, die mit den Worten endete: „Vom heutigen Tag an seid ihr Mittelschüler“, danach ergriff ein Hauptmann, der Anführer des „Imperialen Blut und Eisen Korps“ das Wort. Sein erster Satz lautete: „Ab heute seit ihr Mitglieder des Imperialen Blut und Eisen Korps“. Da ich direkt mit Eintritt in die Junior High School Mitglied des imperialen Korps wurde, hatte ich keine Zeit zum Lernen. Ich ging jeden Tag mit einer Hacke zur Schule, bearbeitete den Schulhof und pflanzte Süßkartoffeln an, weil es nicht genug zu essen gab. In der Nähe der Schule gab es einen sogenannten Gedenksportplatz, dort wo heute die Kaisei Grundschule ist. Dort lagen viele Steine und ich sammelte die Erde zwischen den Steinen auf, um sie für den Anbau der Süßkartoffeln zu nutzen. Ich kam aber nicht dazu die Kartoffeln zu ernten, weil aufgrund der allgemeinen Lebensmittelknappheit, irgendjemand die Kartoffeln vor mir ausgrub.
Einmal ging ich mit einem Freund von der Schule auf dem Weg nachhause am Toori des Miyatori-On vorbei, als ein amerikanisches Flugzeug auf uns zuflog und das Feuer eröffnete. Unmittelbar neben uns stand eine Reihe Fukugi Bäume und wir versteckten uns hinter einem von ihnen, der an der Steinmauer eines Hauses stand. Das rettete uns das Leben. Nach dem Angriff schaute ich mir den Baum an und er war von Maschinengewehrkugeln getroffen worden. Hätte dieser Baum dort nicht gestanden, dann wäre es sicherlich ich gewesen, den die Kugeln erwischt hätten.
Die Lebensmittellage während der Evakuierung
Am 1. Juni erhielten wir von der japanischen Armee den Befehl, bis zum 10. Juni in die Berge zu evakuieren, da die Möglichkeit bestand, dass die US-Streitkräfte am 15. Juni auf Ishigaki-jima landen würden. Die Einwohner hatten im Vorfeld bereits Hütten in den Bergen gebaut und suchten dort Zuflucht. Letztendlich landeten die Amerikaner nicht auf Ishigaki-jima, aber es gab heftige Luftangriffe. Bereit vor dem Befehl zur Evakuierung herrschte ein Lebensmittelmangel. Wegen der andauernden Luftangriffe konnten die Bauern nicht auf die Felder.
Deshalb gruben wir „Muiakkon“ aus. Das ist ein Wort aus dem Yaeyama-Dialekt und bezeichnet die Kartoffeln, die bei der Ernte übersehen wurden. Wenn Süßkartoffeln in der Erde bleiben, wachsen sie immer weiter. Nach ihnen haben wir gesucht, ausgegraben und gegessen. Da alle das Gleiche taten, gab es bald keine Kartoffeln mehr und wir aßen die Gräser, die am Straßenrand und am Feldrain wuchsen. Am Strand standen Adan-Bäume und wir knabberten an den wie Ananas aussehenden Früchten, um an den weichen Inhalt zu kommen. Wenn es regnete, gingen wir auf die Wiesen und sammelten Schnecken. Die gleichen Schnecken, die es heute auch noch gibt. Die Schnecken versteckten sich normalerweise unter den Blättern, aber bei Regen kamen sie hervorgekrochen. Wir sammelten sie ein und kochten sie in der Suppe. Wir fingen auch Frösche, salzten sie und grillten sie am Spieß, das war immer ein Festmahl.
Die Kriegszeit Malaria
Alle Bewohner evakuierten auf Befehl der japanischen Armee in den Bergen. Meine Familie wurde für drei Monate in die Berge nach Shiramizu evakuiert. Dort infizierten sich fast alle Einwohner mit Malaria. Auch ich steckte mich an und hatte 40.8 Grad hohes Fieber. Alle drei, vier Tage hatte ich einen Fieberschub und mir wurde Wasser über die Stirn geträufelt, um das Fieber zu senken. Das Fieber hielt etwa einen Monat lang an. 20 Tage nach Auftreten der ersten Malariafälle gab es die ersten Todesopfer zu beklagen. Heute würde niemand mehr sterben, aber damals waren alle unterernährt, und starben sehr schnell. Abends wurden die Leichen an den Feldrändern vergraben. Wenn es dunkel wurde und die feindlichen Flugzeuge nicht mehr flogen, verbrannten wir die Leichen auch auf den Feldern.
Das Kriegsende
Während unserer Evakuierung erhielten wir die Nachricht, dass die Hauptinsel Okinawa vollständig besiegt worden war und der Krieg auf Okinawa vorbei war. Damit hörten auch die Luftangriffe auf Ishigaki-jima auf. Wenn wir noch länger in den Bergen geblieben wären, dann wären wir sicherlich alle an Malaria gestorben. Die amerikanischen Jagdflieger, die im Tiefflug über uns hinweg flogen, schossen nicht mehr auf uns und die Piloten winkten uns zu. So begriffen wir, dass der Krieg vorbei war und stiegen von den Bergen hinunter. Mehr als die Hälfte der evakuierten Bevölkerung hörte in den Bergen vom Kriegsende und kehrte in ihre Häuser zurück. Meine Familie verlies die Berge bereits vor Kriegsende, weil mein Vater sich mit Malaria infiziert hatte. Ich pflegte ihn und kühlte mit einem nassen Handtuch seine Stirn. Dann hörten wir von einem Bekannten meines Vaters, das zwei große Bomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen worden waren und Japan kapituliert hatte. So erfuhr ich, dass der Krieg offiziell vorbei war. Ich hörte die Nachricht, als ich gerade im Krankenhaus bei meinem Vater war. Ich war nur ein kleiner Junge von der Jugendtruppe der Armee und brach in Tränen aus. Alle anderen brachen ebenfalls in Tränen aus.
Das Leben unmittelbar nach Kriegsende
Wir erhielten vom US-Militär Rationen in Form von Reis und Konserven. Wir haben die Hühner gegessen, die wir zu Hause hielten und als sie alle verspeist waren, gingen wir auf die Felder um Frösche zu fangen. Einige der Hühner waren während unserer Zeit in den Bergen verwildert und flogen wie die Krähen von Baum zu Baum. Mit fünf oder sechs meiner Klassenkameraden, beschlossen wir loszuziehen, um sie zu fangen und zu grillen. Wir haben aber kein Einziges fangen können. Wir hatten alle leere Bäuche und auf dem Heimweg schnitten wir uns Zuckerrohr von einem Feld, um darauf zu kauen und den Saft zu schlucken. Solche Erfahrungen habe ich gemacht.
Die Rationen der US-Armee reichten nur für eine Woche. Damals sah ich zum ersten Mal Makkaroni in einer der Konservendosen. Es gab Fleischkonserven und andere Sachen. Wir nummerierten die Konserven und die anderen Rationen. Die Nachbarschaftsvereinigung versammelten sich und wir verlosten die Rationen. Ich zog das Los für die größte Fleischdose und meine Eltern lobten mich dafür. Solche Erlebnisse gab es auch. Nachdem wir die Rationen aufgegessen hatten, wurden wir wieder zu Selbstversorgern. Wenn wir in die Berge zum Brennholz holen gingen, gab es einen Kontrollpunkt, an dem wir immer vorbei mussten. Dort befand sich Personal des Gesundheitszentrums und jeder der dort passierte, musste Wasser trinken und Atevrin, ein Malariamedikament einnehmen.
Eine bleibende Erinnerung
Was mir vom Kriegsende besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Straße vor unserem Haus die zum Krematorium führte. Bereits seit den letzten Kriegstagen wurden jeden Tag die verstorbenen Malariapatienten an unserem Haus vorbeigetragen. Vor allem nach Kriegsende waren besonders viele Menschen unterwegs und täglich stieg der Rauch vom Schornstein des Krematoriums auf. Vor dem Krematorium stapelten sich die Leichen und warteten darauf verbrannt zu werden. So waren die Umstände damals.
Einer meiner Schulkameraden wohnte in einem großen Haus, aber während des Krieges wurden die gesamte Familie von japanischen Militäroffizieren vertrieben und das Haus als Offiziersquartier genutzt. Nach dem Krieg verließen die Offiziere Okinawa und die Familie meines Schulkameraden kehrte in ihr Haus zurück. Als sie die Schränke öffneten, fanden sie einen großen Beutel mit Chinin, einem Malariamittel, den die Offiziere versteckt hatten. Seine Familie nahm die Medizin, um ihre eigene Malaria zu heilen und verteilten sie an Freunde und Bekannte. So hat er es mir erzählt.
Kurze Zeit später landete das US-Militär auf der Insel und brachte Atevrin mit, das wir über die Nachbarschaftszentren verteilten. Die Lebensmittelrationen und das Atevrin, rettete unser Leben nach dem Krieg.
Das Schulleben nach dem Krieg
Wegen meiner Malariaerkrankung war ich nach dem Krieg sehr geschwächt und konnte etwa ein halbes Jahr nicht zur Schule gehen. Es gab viele solcher Schüler wie mich. Ich hatte kaum Unterricht im ersten Schuljahr der Junior High School, wurde aber in die zweite Klasse versetzt und neue Schüler kamen an die Schule. Einige Schüler hatten noch alte Schulbücher aus der Zeit vor dem Krieg, die wir uns zu zweit oder zu dritt teilten. Der Lehrer besaß auch ein Exemplar und schrieb daraus an die Tafel. Auf diese Weise lernten wir. Direkt nach dem Krieg, hatten wir kein Papier, keine Schreibhefte und keine Bleistifte. Das einzige Papier, dass wir hatten war ein ungebleichtes, braunes Papier, das wir Strohpapier nannten. Nach Landung der Amerikaner kam auch Schreibpapier in den Umlauf. Es gab Hefte aus Papier mit blauen und grünen Linien, die wir zerteilten und gemeinsam nutzen. Während wir uns auf diese Weise behalfen, erhielten wir endlich auch richtige Schreibhefte. Die Schulbücher nutzten wir zu zweit oder zu dritt.
Zivilverwaltung und das US-Militär
Nach Kriegsende war dort, wo heute der Spielplatz im Park in Arakawa ist eine Unterkunft des US-Militärs. Das Gelände war mit Maschendraht umgeben und die US-Soldaten fuhren dort mit ihren Jeeps ein und aus. In der Yaeyama Außenstelle der zivilen Regierung Okinawas gab die US-Armee die verschiedensten Anweisungen. Wollten wir eine Zeitung herausgeben, gingen wir zur Militärregierung um sie zensieren zu lassen. Erst nach der Zensur konnten wir sie veröffentlichen. Alles wurde damals zensiert. Dieser Zustand dauerte noch eine Weile nach Kriegsende an.
Begegnung mit dem Kunstunterricht an der Highschool
Ich besuchte dann die Yaeyama Highschool. Es gab Kunst als Wahlfach, aber nur drei oder vier Schüler schrieben sich dafür ein. Es gab keinen Kunstlehrer an der Highschool, deshalb kam die Kunstlehrerin der Junior High School als Aushilfskraft zu uns und unterrichtete Kunst. Diese Lehrerin war eine sehr exzentrische Person. Sie sagte zu uns: „Im Moment macht es eigentlich gar keinen Sinn Kunst zu studieren“. Sie borgte mir ein Kunstmagazin, mit der Aufforderung es zu lesen. Es enthielt eine Sammlung der Gemälde Michelangelos und war mit einem interessanten Vorwort und Erklärungen von Mushanokoji Saneatsu versehen. Es weckte meine Liebe für Michelangelo und ich begann mich für Kunst zu interessieren. Ich dachte darüber nach selber Maler werden und fing mit dem Kunststudium an. Mein Studium der Kunst hält bis zum heutigen Tage an und die Kunst hat mein Leben stark beeinflusst. Deshalb habe ich auch ein Buch mit Bildern meiner Kriegserlebnisse veröffentlicht.
Meine Botschaft an die jungen Leute
Mit einem Wort, Krieg zu führen ist ein dummes Verhalten der Menschen. Als Geschichtenerzähler habe ich ausführlich dargelegt, wie töricht die Menschen gewesen sind. Menschliche Probleme können nicht durch einen Krieg gelöst werden. Das ist durch die Geschichte der Menschheit bewiesen worden. Ich möchte, dass die jungen Menschen das zutiefst erkennen.
Herr Masamichi Shiohara hat mit seinen Kunstwerken einen Beitrag zur Friedenserziehung geleistet. Zusätzlich berichtet er als „Geschichtenerzähler“ von der Kriegsmalaria und der Realität der Schlacht um Okinawa